09.03.2021 Zivilrecht

OGH: Ersatz der Detektivkosten iZm Ehebruch (hier: Überprüfung, ob die Beziehung – wie vom Ehegatten versprochen – tatsächlich beendet wurde)

Erst durch die neuen Versprechen des Ehegatten entstand das Bedürfnis der Klägerin zu dessen Überwachung; ein objektiv sorgfaltswidriges Verhalten der Beklagten in Zusammenhang mit den gegenständlichen Detektivkosten ist zu verneinen, weil die Ehe aus objektiver Sicht bereits unheilbar zerrüttet war und die Beklagte auch keine Anhaltspunkte für eine vom Ehegatten beabsichtigte Wiederaufnahme der ehelichen Beziehung mit der Klägerin hatte


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Familienrecht, Ehebruch, Detektivkosten, Versprechen, Beziehung zu beenden, Überprüfung
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 90 ABGB

 

GZ 9 Ob 62/20p, 27.01.2021

 

OGH: Nach ständiger und einhelliger Rsp des OGH hat der Ehestörer aus dem Titel des Schadenersatzes alle jene nach der Interessenlage gerechtfertigten Überwachungskosten zu ersetzen, die der in seinen Rechten verletzte Ehegatte nach objektiven Maßstäben für notwendig ansehen konnte, um sich über das Verhalten seines Ehepartners Gewissheit zu verschaffen. Dieses Recht, sich durch Betrauung eines Detektivs Gewissheit zu verschaffen, findet seine Grenze jedoch dort, wo die Überwachung offenkundig überflüssig, von vornherein aussichtslos und erkennbar unzweckmäßig ist oder aber Rechtsmissbrauch vorliegt.

 

Ob im Einzelfall eine Überwachung des treulosen Ehepartners durch einen Detektiv überflüssig, von vornherein aussichtslos oder erkennbar unzweckmäßig ist oder ob gar Rechtsmissbrauch vorliegt, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.

 

Die Klägerin wusste zum Zeitpunkt der Erteilung der beiden Observierungsaufträge über die außereheliche Beziehung ihres Ehegatten zur Beklagten Bescheid. Es gab insoweit keinen unklaren Sachverhalt, den es zu klären galt, und damit kein weiteres rechtlich relevantes Informationsbedürfnis. Die Klägerin behauptete auch nicht, sich erst Gewissheit über die Untreue ihres Ehegatten verschaffen zu müssen oder Beweise für ein allfälliges Scheidungsverfahren zu benötigen. Die Klägerin wollte mit ihrem ersten Observierungsauftrag überprüfen, ob ihr Ehegatte am Abend des 21. 6. 2019 seine außereheliche Beziehung zur Beklagten beenden wird. Tatsächlich war die Ehe aber schon zum Zeitpunkt, als die Klägerin den ersten Observierungsauftrag erteilte, aus objektiver Sicht unheilbar zerrüttet, weil der Ehegatte der Klägerin keinesfalls mehr an der Ehe festhalten wollte. Dies gilt auch für den zweiten Observierungsauftrag vom 24. 6. 2020. Auch dieser diente ausschließlich der Überprüfung der Zusage des Ehegatten gegenüber der Klägerin, keinen Kontakt mehr zur Beklagten zu haben.

 

Zwischen den geltend gemachten Kosten und dem Verhalten der Beklagten besteht daher kein Rechtswidrigkeitszusammenhang. Erst durch die neuen Versprechen des Ehegatten entstand das Bedürfnis der Klägerin zu dessen Überwachung. Ein objektiv sorgfaltswidriges Verhalten der Beklagten in Zusammenhang mit den gegenständlichen Detektivkosten ist zu verneinen, weil die Ehe aus objektiver Sicht bereits unheilbar zerrüttet war und die Beklagte auch keine Anhaltspunkte für eine vom Ehegatten beabsichtigte Wiederaufnahme der ehelichen Beziehung mit der Klägerin hatte.