02.03.2021 Zivilrecht

OGH: Auskunftsanspruch nach § 786 ABGB

Beim Anspruch gegen einen (möglichen) Geschenknehmer sind Indizien erforderlich, dass der Erblasser die betreffende Person beschenkt hat; innerhalb des engeren Familienkreises sind an diese Indizien – insbesondere bei Pflichtteilsberechtigung der möglichen Geschenknehmer – keine hohen Anforderungen zu stellen; wird etwa bewiesen, dass der Pflichtteilsberechtigte bereits hinzuzurechnende Schenkungen erhalten hat, liegt schon darin ein ausreichendes Indiz, dass auch noch weitere solche Zuwendungen erfolgt sein könnten


Schlagworte: Erbrecht, Schenkungen, Pflichtteilsberechtigter
Gesetze:

 

§ 786 ABGB, Art XLII EGZPO

 

GZ 2 Ob 211/20y, 28.01.2021

 

OGH: Der Senat hat zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Auskunftsanspruch nach § 786 ABGB besteht, in der E 2 Ob 227/19z ausführlich Stellung genommen. Danach muss der Anspruchswerber Umstände behaupten und beweisen, die auf pflichtteilsrelevante Zuwendungen des Erblassers schließen lassen. Beim Anspruch gegen einen (möglichen) Geschenknehmer sind Indizien erforderlich, dass der Erblasser die betreffende Person beschenkt hat. Innerhalb des engeren Familienkreises sind an diese Indizien – insbesondere bei Pflichtteilsberechtigung der möglichen Geschenknehmer – keine hohen Anforderungen zu stellen. Wird etwa bewiesen, dass der Pflichtteilsberechtigte bereits hinzuzurechnende Schenkungen erhalten hat, liegt schon darin ein ausreichendes Indiz, dass auch noch weitere solche Zuwendungen erfolgt sein könnten. In diesem Fall besteht im Auskunftsanspruch nach § 786 ABGB, der als zivilrechtliche Verpflichtung zur Angabe von Vermögen (hier von erhaltenen Schenkungen) iSv Art XLII Abs 1 Fall 1 EGZPO zu werten ist.

 

Ob die festgestellten Umstände auf die Möglichkeit (weiterer) Schenkungen schließen lassen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten: Als einzige möglicherweise pflichtteilsrelevante Zuwendung wurde ein Übergabevertrag festgestellt, der beträchtliche entgeltliche Elemente enthielt. Schenkungsabsicht konnten die Vorinstanzen nicht feststellen. Ein diese Absicht indizierendes krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das sich allenfalls auch aus der Rsp zu mit dem Tod wegfallenden Nutzungsrechten ergeben könnte, hat der Kläger in erster Instanz nicht konkret behauptet. Ebenso wenig hat er dargelegt, aus welchen Gründen der Übergabevertrag unter § 781 Abs 2 Z 6 ABGB fallen sollte. Unter diesen Umständen ist es vertretbar, den Übergabevertrag für sich allein nicht als Indiz für weitere Schenkungen iSv § 781 ABGB zu werten. Andere Indizien liegen nach den Feststellungen nicht vor.

 

Die vom Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung für möglich gehaltene Aneignung von Sparbüchern führte zu einem Herausgabeanspruch des ruhenden Nachlasses gegen die Beklagte, nicht zu einem Anspruch des Klägers nach § 789 ABGB. Bei Verheimlichung angeeigneter Sparbücher hätte daher uU der Nachlass eine Klage nach Art XLII Abs 1 Fall 2 EGZPO erheben können. Auf Schenkungen an die Beklagte ließe eine solche Aneignung nicht schließen.