16.02.2021 Zivilrecht

OGH: Schneeräumung iZm ungemessener Wegeservitut

Der Servitutsberechtigte darf die Schneeräumung auf die der fortgeschrittenen technischen Entwicklung entsprechende Art vornehmen lassen; auch dadurch, dass bei mechanischer Schneeräumung ein Teil der auf dem Servitutsweg liegenden Schneemassen vom Räumgerät auf den anschließenden, vom Fahrtrecht nicht erfassten Teil des Grundes des Beklagten geschoben wird, kann sich der Eigentümer des dienenden Gutes nicht beschwert erachten, weil er die Schneeräumung des Servitutswegs zu dulden hat; Die Ansicht, dass die Errichtung eines massiven Zauns entlang des letzten Wegstücks durch den Beklagten, der die mechanische Schneeräumung und insbesondere die Beseitigung der Schneemassen aus dem Servitutsweg verhindert, dem Servitutsrecht entgegensteht, und dass das Verlangen nach der Beseitigung des Zauns hier keine Ausweitung der Servitut bedeutet, hält sich im Rahmen der Rsp


Schlagworte: Dienstbarkeit, ungemessene Wegeservitut, Schmeeräumung, Errichtung eines Zauns
Gesetze:

 

§§ 472 ff ABGB § 484 ABGB

 

GZ 4 Ob 197/20d, 22.12.2020

 

OGH: Werden – wie hier – in einem Vertrag, in dem eine Servitut bestellt wird, Ausmaß und Umfang des eingeräumten Rechts nicht näher festgelegt, so liegt eine ungemessene Servitut vor. Deren Umfang richtet sich ebenso wie die Art der Ausübung nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist. Maßgebend ist dabei das jeweilige Bedürfnis des herrschenden Gutes unter Berücksichtigung seiner ursprünglichen Bewirtschaftungsart und Kulturgattung sowie der vorhersehbaren Art der Ausübung. Wird nicht die Betriebsform des herrschenden Gutes wesentlich geändert, so ist für den Umfang der Dienstbarkeit des Fahrrechtes das jeweilige Bedürfnis des Berechtigten maßgebend, soweit der Belastete keine unzumutbare Beeinträchtigung erleidet. Die Art der Ausübung findet ihre Grenzen in einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Eigentümers des dienenden Gutes; dem Berechtigten soll der angestrebte Vorteil ermöglicht, dem Belasteten aber so wenig wie möglich geschadet werden. Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit liegt nur dann vor, wenn das dienende Gut dadurch erheblich schwerer belastet wird.

 

Diese gem § 484 ABGB vorzunehmenden Interessensabwägungen sind ebenso wie die Fragen nach Ausmaß und Umfang einer Dienstbarkeit sowie den Grenzen ihrer zulässigen Erweiterung stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

 

Der Servitutsberechtigte darf die Schneeräumung auf die der fortgeschrittenen technischen Entwicklung entsprechende Art vornehmen lassen. Auch dadurch, dass bei mechanischer Schneeräumung ein Teil der auf dem Servitutsweg liegenden Schneemassen vom Räumgerät auf den anschließenden, vom Fahrtrecht nicht erfassten Teil des Grundes des Beklagten geschoben wird, kann sich der Eigentümer des dienenden Gutes nicht beschwert erachten, weil er die Schneeräumung des Servitutswegs zu dulden hat.

 

Hier ist unbestritten, dass der Servitutsweg von Anfang an berechtigterweise mit Fahrzeugen befahren wurde und wird, die der Errichtung und dem (Wohn-)Betrieb des nunmehr der Klägerin gehörenden Hauses dienten, wie etwa mit Öltankwägen, Schneeräumfahrzeugen oder mittelgroßen LKW (wohingegen die Benützung mit größeren Fahrzeugen aufgrund einer Engstelle des Servitutswegs an anderer Stelle von vornherein nicht möglich war und ist).

 

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Errichtung eines massiven Zauns entlang des letzten Wegstücks durch den Beklagten, der die mechanische Schneeräumung und insbesondere die Beseitigung der Schneemassen aus dem Servitutsweg verhindert, dem Servitutsrecht entgegensteht, und dass das Verlangen nach der Beseitigung des Zauns hier keine Ausweitung der Servitut bedeutet, hält sich im Rahmen der Rsp und ist nicht korrekturbedürftig.

 

Die E 7 Ob 661/82 betraf den Fall einer gemessenen Wegeservitut, deren exakte Breite im Titel festgelegt worden war, sodass in der Untersagung eines neben dem genau definierten Weg liegenden Zauns eine – im dort zu entscheidenden Einzelfall nicht gerechtfertigte – Ausweitung der Servitut gelegen wäre.

 

Warum dies mit dem hier vorliegenden Fall einer ungemessenen Servitut vergleichbar sein soll, zeigt die Revision nicht auf, zumal Fragen der Differenzierung zwischen Sommer- und Wintersaison vom Beklagten in erster Instanz nicht aufgeworfen wurden.