09.02.2021 Zivilrecht

OGH: § 364 Abs 2 ABGB – zur Frage, ob die von einer nahe der Grundstücksgrenze situierten Wärmepumpe ausgehenden Lärmimmissionen als unmittelbare Zuleitung zu qualifizieren sind

Ausführungen dazu, warum entgegen stRsp bei Lärm im Allgemeinen und im konkreten Fall von einer unmittelbaren Zuleitung iSd § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB auszugehen ist, enthält die Revision nicht; aus dem Umstand, dass Schall sich in alle Richtungen ausbreitet, lässt sich auf eine Zuleitung gerade in Richtung des klägerischen Grundstücks nicht schließen


Schlagworte: Nachbarrecht, Immissionen, unmittelbare Zuleitung, Lärmimmissionen, Wärmepumpe
Gesetze:

 

§ 364 ABGB

 

GZ 9 Ob 56/20f, 25.11.2020

 

OGH: Nach § 364 Abs 2 ABGB sind Immissionen nur soweit unzulässig, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Der Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB setzt daher voraus, dass die Beeinträchtigung (Immission) sowohl ortsunüblich als auch unzumutbar ist. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig (§ 364 Abs 2 Satz 2 ABGB).

 

Das Gesetz unterscheidet damit zwischen unmittelbaren und mittelbaren Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, je nachdem ob die Tätigkeit des einen Eigentümers unmittelbar auf die Einwirkung gerichtet ist oder ob diese nur zufällig eintritt. Unmittelbare Zuleitungen sind somit solche, die durch eine „Veranstaltung“ bewirkt werden, die für eine Einwirkung gerade in der Richtung des Nachbargrundstücks hin ursächlich ist, wie insbesondere die Zuleitung von Ab- oder Niederschlagswässern durch Rohre oder Rinnen.

 

Zu Lärmeinwirkungen hat der OGH bereits ausgeführt, dass diese „eindeutig mittelbare Immissionen sind, die nur so weit, als sie das ortsübliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benützung wesentlich beeinträchtigen, verboten werden können (8 Ob 635/92). In einer weiteren Entscheidung (6 Ob 109/98t) wurde ausgeführt, dass vom Nachbargrundstück ausgehende Geräusche unter § 364 Abs 2 erster Satz zu subsumieren seien und nicht „unmittelbare Zuleitungen“ darstellten, ergebe sich schon aus dem Gesetzeswortlaut und bedürfe keiner näheren Erläuterung. Auch aus der Entscheidung 3 Ob 201/99a lässt sich keine andere Wertung ableiten. In dieser wurde nur darauf verwiesen, von einer unmittelbaren Zuleitung könne schon aufgrund des großen Abstands der lärmerregenden Quelle zur gemeinsamen Grundgrenze keine Rede sein. Die vorliegenden Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich damit im Rahmen der oberstgerichtlichen Rsp.

 

Ausführungen dazu, warum entgegen dieser Jud bei Lärm im Allgemeinen und im konkreten Fall von einer unmittelbaren Zuleitung iSd § 364 Abs 2 Satz 2 ABGB auszugehen ist, enthält die Revision nicht.

 

Letztlich kann aber die Frage, ob bei Lärmimmissionen eine unmittelbare Zuleitung überhaupt in Betracht kommt, dahingestellt bleiben, weil die Klägerin ihren Anspruch in erster Instanz nicht auf eine unmittelbare Zuleitung gestützt hat. Darüber hinaus erfolgt nach den Feststellungen der Luftdurchsatz der Wärmepumpe parallel zur Grundstücksgrenze. Weder daraus noch aus dem Umstand, dass Schall sich in alle Richtungen ausbreitet, worauf die Klägerin selbst hinweist, lässt sich daher auf eine Zuleitung gerade in Richtung des klägerischen Grundstücks schließen.