02.02.2021 Zivilrecht

OGH: Zur Mäßigung von Konventionalstrafen

Neben dem Schaden sind weitere Mäßigungskriterien zB eine wechselseitige Interessenabwägung (wirtschaftliches Interesse des Gläubigers an einer fristgerechten Erfüllung versus Möglichkeit des Schuldners, fristgerecht zu leisten), die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners sowie Art und Ausmaß des Verschuldens an der Vertragsverletzung


Schlagworte: Konventionalstrafe, Vertragsverletzung, Mäßigungsrecht, Beweislast, Schaden, nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Konkurrenzverbot
Gesetze:

 

§ 1336 ABGB

 

GZ 6 Ob 219/20d, 25.11.2020

 

OGH: Die Höhe der Vertragsstrafe ist va dann unbillig, wenn der eingetretene Schaden unverhältnismäßig niedriger ist als das Pauschale. Sie kann aber nicht unter den eingetretenen Schaden herabgesetzt werden; es kann jedoch auch keiner Bestimmung entnommen werden, dass die Strafe auf die Höhe des wirklichen Schadens herabgesetzt werden muss. Die Vertragsstrafe darf somit den Schaden übersteigen, ohne dass sie aus diesem Grund gekürzt werden darf; dieser - den Schaden übersteigende - Betrag hat funktionell die Aufgabe, das ex-ante-Gläubigerinteresse auszugleichen.

 

Die klagende Partei ist nicht damit behauptungs- und beweisbelastet, dass der eingetretene Schaden die Konventionalstrafe erreicht; vielmehr liegt es am Beklagten, einen tatsächlich eingetretenen niedrigeren Schaden zu behaupten und nachzuweisen. Den Beklagten trifft die Beweislast dafür, dass die Konventionalstrafe unbillig hoch ist oder der erwachsene Schaden unverhältnismäßig geringer ist als der bedungene Vergütungsbetrag; es ist daher entsprechendes Tatsachenvorbringen zum Vorliegen der Mäßigungskriterien notwendig.

 

Ist durch eine Vertragsverletzung (noch) kein realer - materieller oder immaterieller - Schaden eingetreten, so ist der Mäßigung einer Konventionalstrafe der im Zeitpunkt deren Vereinbarung bei einer ex-ante-Betrachtung als möglich denkbare Schaden zugrunde zu legen. Der Eintritt eines materiellen Schadens ist somit keine Voraussetzung für den Verfall einer Konventionalstrafe, wenn diese der Befestigung oder Verstärkung übernommener Vertragspflichten dient; Zweck der Pönalevereinbarung ist in diesem Fall, auf den Verpflichteten zusätzlichen Erfüllungsdruck auszuüben. Wenn noch kein Schaden eingetreten ist, ist die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Konventionalstrafe auf den Zeitpunkt deren Vereinbarung und auf den damals als Folge einer allfälligen Vertragsverletzung möglichen Schaden zu beschränken.

 

Neben dem Schaden sind weitere Mäßigungskriterien zB eine wechselseitige Interessenabwägung (wirtschaftliches Interesse des Gläubigers an einer fristgerechten Erfüllung versus Möglichkeit des Schuldners, fristgerecht zu leisten), die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners sowie Art und Ausmaß des Verschuldens an der Vertragsverletzung.