26.01.2021 Wirtschaftsrecht

OGH: FBG und GmbHG – Einberufungs- / Ankündigungsmängel; Einberufung einer Generalversammlung; Gesellschafterbeschluss

Die bloße Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses bildet – im Gegensatz zur Nichtigkeit – kein Eintragungshindernis


Schlagworte: Gesellschaftsrecht, Firmenbuchrecht, Einberufungs- / Ankündigungsmängel, Einberufung einer Generalversammlung, Gesellschafterbeschluss, Eintragungshindernis
Gesetze:

 

§ 41 GmbHG, § 36 GmbHG, FBG

 

GZ 6 Ob 168/20d, 24.09.2020

 

OGH: Nach stRsp des OGH spricht der weite Wortlaut des § 41 GmbHG dafür, dass sowohl Einberufungs- als auch Ankündigungsmängel den Gesellschafterbeschluss nur anfechtbar, nicht aber von Anfang an unwirksam machen. Auch Koppensteiner/Rüffler sehen Einberufungs- und Ankündigungsmängel als anfechtbare Beschlüsse, es sei denn es wären die Voraussetzungen verwirklicht, von denen die Rsp die Annahme eines „Scheinbeschlusses“ abhängig macht; solche Mängel führten dann zur Nichtigkeit gleichwohl gefasster Beschlüsse. Dies steht auch im Einklang mit der Systematik des GmbHG: Über § 40 GmbHG und eine normzweckentsprechende Fixierung des Beginns der Klagefrist nach § 41 Abs 4 GmbHG lässt sich sicherstellen, dass Gesellschafter, deren Anspruch auf Beteiligung am Willensbildungsprozess der Versammlung beeinträchtigt wurde, den Beschluss zu Fall bringen können.

 

Ein absolut nichtiger Beschluss liegt allerdings nicht vor, wenn die Einberufung der Generalversammlung entgegen § 36 GmbHG nicht durch den Geschäftsführer der Gesellschaft, sondern – wie im vorliegenden Fall – durch Gesellschafter erfolgte, die über eine Mehrheit der Gesellschaftsanteile verfügen.

 

Dass die Generalversammlung nicht in, sondern vor den Kanzleiräumlichkeiten der Rechtsanwälte OG stattfand, stellt möglicherweise einen Einberufungs- bzw Ankündigungsmangel dar. Wie bereits dargestellt würde dies aber lediglich dazu führen, dass der dennoch gefasste Beschluss zwar anfechtbar, jedoch zunächst im Firmenbuch einzutragen ist.

 

Die Gesellschaft beruft sich in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs darauf, dass den Vorinstanzen „der schwere Verfahrensfehler bei der Beschlussfassung nicht verborgen bleiben“ habe können und dass ein öffentliches Interesse an einer „richtigen Eintragung“ bestehe.

 

Der OGH hat in der E 6 Ob 174/97z ausgeführt, dass das Firmenbuchgericht eine gegen öffentliches Interesse verstoßende Verletzung zwingender Bestimmungen des GmbHG in einem Gesellschafterbeschluss im Rahmen seiner materiellen Prüfungspflicht zum Inhalt der Abweisung eines Eintragungsgesuchs machen kann. Die Entscheidungen 6 Ob 142/05h und 6 Ob 35/16i hielten fest, dass die durch sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung begründete Nichtigkeit einer Abfindungsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH von Amts wegen wahrzunehmen ist und ein Eintragungshindernis begründet. Und in der E 6 Ob 187/17v stellte der erkennende Senat unter Hinweis auf 6 Ob 239/08b zuletzt klar, dass die materielle Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht besteht, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob dem Eintragungsbegehren zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen und ob das materielle Recht die begehrte Eintragung gestattet; bei satzungsändernden Beschlüssen bestehe grundsätzlich eine sehr weitgehende Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts, wobei die Frage, ob einer bestimmten Klausel zwingendes Recht entgegensteht, gerade Gegenstand des Firmenbuchverfahrens sei.

 

Die Frage, ob in einem konkreten Fall Einberufungs- oder Ankündigungsmängel in einer Generalversammlung gefasste Beschlüsse anfechtbar machen, wird von dieser Rsp nicht erfasst. Die bloße Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses bildet – im Gegensatz zur Nichtigkeit – kein Eintragungshindernis; der Gesetzgeber räumt hier den Gesellschaftern eine Dispositionsmöglichkeit ein; solange kein Gesellschafter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, sind Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit eines Gesellschafterbeschlusses nicht aufzugreifen. Erst wenn eine Klage eingebracht ist, hat das Gericht das Verfahren nach § 19 FBG zu unterbrechen und den Ausgang des Anfechtungsprozesses abzuwarten.