18.01.2021 Verkehrsrecht

VwGH: Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung gem § 24 Abs 4 FSG (iZm geäußerten Suizidgedanken)

Nicht jedes fragwürdige bzw auffällige Verhalten rechtfertigt Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen


Schlagworte: Führerscheinrecht, Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung, gesundheitliche Eignung, Suizidgedanken, unterlassene mündliche Verhandlung
Gesetze:

 

§ 24 FSG, § 24 VwGVG

 

GZ Ra 2020/11/0011, 26.11.2020

 

VwGH: Nach stRsp des VwGH ist ein Aufforderungsbescheid gem § 24 Abs 4 FSG nur dann zulässig, wenn bei der Behörde im Zeitpunkt seiner Erlassung (bzw im Fall einer Rechtsmittelentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung derselben) nach wie vor begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in diese Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige aktuelle Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (vgl aus vielen VwGH 15.5.2019, Ra 2019/11/0032, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

 

Im zitierten Erkenntnis wurde auch die hg Rsp in Erinnerung gerufen, nach der nicht jedes fragwürdige bzw auffällige Verhalten Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen rechtfertigt und auf die entsprechende Ermittlungspflicht des VwG im Rahmen einer Verhandlung hingewiesen.

 

Das VwG hat dem angefochtenen Erkenntnis Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Revisionswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen zugrunde gelegt und diese mit einer möglichen psychischen Behinderung des Revisionswerbers begründet, ohne eine Verhandlung durchzuführen. Damit hat es gegen die Verhandlungspflicht verstoßen. Dies deshalb, weil das Vorbringen des Revisionswerbers in der Beschwerde (auch unter Berücksichtigung, dass er diese ohne anwaltliche Vertretung und teilweise mit zynischem Unterton selbst verfasst hat) erkennbar dahin zu verstehen war, er bestreite die Ernsthaftigkeit seiner Äußerungen betreffend den Suizid (und damit den Anlass für begründete Bedenken iSd § 24 Abs 4 FSG). Daher lag jedenfalls kein geklärter Sachverhalt iSd § 24 VwGVG vor. Dies zeigt sich im Übrigen auch unter einem anderen Gesichtspunkt.

 

Nach der Aktenlage hat sich der Revisionswerber bereits am 11. Oktober 2019 der amtsärztlichen Untersuchung unterzogen. Dies wird dem Grunde nach auch in der Revisionsbeantwortung mit dem Bemerken zugestanden, dass dem VwG darüber bedauerlicherweise keine Mitteilung erstattet wurde.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses bestand daher keine Notwendigkeit, dass sich der Revisionswerber binnen 14 Tagen ab Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses („dieses Urteils“) wegen derselben Bedenken neuerlich der amtsärztlichen Untersuchung unterzieht, und damit auch keine gesetzliche Grundlage hiefür. Vielmehr ist in einem solchen Fall das Beschwerdeverfahren wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen.