OGH: Praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt gem § 2 Abs 1 RAO – Nebentätigkeit und Verteilung der Arbeitszeit
Die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt, die nach § 2 Abs 1 RAO nur anrechenbar ist, „soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird“, kann nicht dadurch erreicht werden, dass diese Verwendung - überwiegend - außerhalb üblicher Kanzleizeiten, ansonsten zu Tagesrandzeiten und an Samstagen neben einer anderen, 20 bzw 25 Wochenstunden umfassenden beruflichen Tätigkeit absolviert wird
§ 2 RAO, § 5 RAO, § 1 RAO
GZ 19 Ob 1/20s, 27.08.2020
OGH: Dem Ausschuss ist dahin Recht zu geben, dass außerhalb der üblichen Kanzleizeiten, namentlich zu Abend- und Nachtzeiten sowie an Wochenenden (in Abwesenheit der Ausbildungsanwältin) die erforderliche Überwachung und Ausbildung der Berufungswerberin zur Rechtsanwältin nicht gewährleistet erscheint. Zum einen ist gerade der laufende persönliche Austausch von Wissen und praktischen Erfahrungen mit dem Ausbildungsanwalt unter dessen Anleitung und Kontrolle wesentlich, ist doch die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt kein „Fern- bzw Selbststudium“, das man an Tagesrandzeiten und an Wochenenden ableisten kann. Zum anderen würde ein Abgehen von diesem Erfordernis jeglichen Manipulationsmöglichkeiten, insbesondere den von der Intention des RAPG verpönten „Scheinpraxiszeiten“, Tür und Tor öffnen. Daraus folgt, dass die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt, die nach § 2 Abs 1 RAO nur anrechenbar ist, „soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird“, nicht dadurch erreicht werden kann, dass diese Verwendung – überwiegend – außerhalb üblicher Kanzleizeiten, ansonsten zu Tagesrandzeiten und an Samstagen neben einer anderen, 20 bzw 25 Wochenstunden umfassenden beruflichen Tätigkeit absolviert wird.