OGH: Zur Schutzfähigkeit von konturlosen Farbmarken
Ist das Zeichen als solches nicht unterscheidungskräftig, muss seine Benutzung dazu geführt haben, dass die beteiligten Verkehrskreise oder zumindest ein erheblicher Teil dieser Kreise die Ware oder Dienstleistung durch das Zeichen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen
§ 4 MSchG, § 9 UWG
GZ 4 Ob 101/20m, 20.10.2020
OGH: Eine Farbe als solche kann für bestimmte Waren oder Dienstleistungen Unterscheidungskraft haben, sofern sie Gegenstand einer grafischen Darstellung sein kann, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Die Bezeichnung der Farbe nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode (RAL) erfüllt diese Voraussetzung. Die Zahl der Farben, die das allgemeine Publikum unterscheiden kann, ist niedrig, weil sich ihm selten die Gelegenheit zum unmittelbaren Vergleich von Waren mit unterschiedlichen Farbtönen bietet. Die geringe Zahl der für das Publikum unterscheidbaren Farben führt zu einer Verringerung der tatsächlich verfügbaren Farben mit der Folge, dass mit wenigen Eintragungen von Marken für bestimmte Dienstleistungen oder Waren der ganze Bestand an verfügbaren Farben erschöpft werden könnte. Ein derartiges Monopol wäre mit dem System eines unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar. Farben kommt generell eine geringe Kennzeichnungseignung zu. Sie können zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln und Gefühle hervorrufen. sind aber ihrer Natur nach kaum geeignet, eindeutige Informationen zu übermitteln. Das gilt umso mehr, weil sie in der Werbung und bei der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen wegen ihrer Anziehungskraft gewöhnlich in großem Umfang ohne eindeutigen Inhalt verwendet werden. Von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, kommt Farben nicht von vornherein Unterscheidungskraft zu. Ein allgemeiner Grundsatz, dass Farben als solche nie geeignet sein können, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmer zu unterscheiden, besteht allerdings nicht.
Selbst wenn einer Farbe als solcher nicht von vornherein Unterscheidungskraft zukommt, kann sie diese in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet wird, infolge ihrer Benutzung erwerben. In diesem Fall sind sämtliche Gesichtspunkte zu prüfen, die zeigen können, dass sich eine Marke herausgebildet hat, die die betreffende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnen und diese Ware damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheiden kann. Dabei ist die durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft aber nicht grundsätzlich von der originären verschieden. Entscheidend ist in beiden Fällen, ob die Marke geeignet ist, die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen. Ist das Zeichen als solches nicht unterscheidungskräftig, muss seine Benutzung dazu geführt haben, dass die beteiligten Verkehrskreise oder zumindest ein erheblicher Teil dieser Kreise die Ware oder Dienstleistung durch das Zeichen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen.