15.12.2020 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Unterscheidungskraft einer Marke (iZm Phantasiebezeichnung)

Die Beurteilung des Rekursgerichts, das Wort Kulinarium bezeichne für die beteiligten Verkehrskreise ohne komplizierte Schlussfolgerungen eine besondere Art eines Bewirtungs- bzw Verpflegungsbetriebs, ist nicht korrekturbedürftig; ob eine eintragungsfähige, keiner Sprache angehörige Phantasiebezeichnung vorliegt, ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung zu prüfen; auch ein ursprünglich erfundenes Wort kann sich daher durch Verwendung im Verkehr zur Gattungsbezeichnung entwickeln, wenn dies der Sicht der Verbraucher entspricht


Schlagworte: Markenrecht, Unterscheidungskraft, Phantasiebezeichnung, Gattungsbezeichnung
Gesetze:

 

§ 4 MSchG

 

GZ 4 Ob 90/20v, 22.09.2020

 

Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortbildmarke „Kulinarium Catering“.

 

OGH: Die Eintragung eines Zeichens ist gem § 4 Abs 1 Z 3 MSchG zu versagen, wenn ihm keine Unterscheidungskraft zukommt. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

 

Ob eine Marke unterscheidungskräftig ist, muss gem § 1 Abs 2 MSchG unter Berücksichtigung aller Tatumstände nach Maßgabe der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise beurteilt werden. Unterscheidungskraft fehlt einer Marke jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft. Diese Assoziation müssen die beteiligten Verkehrskreise zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen treffen. Enthält die Marke hingegen nur Hinweise oder Andeutungen, ist das Zeichen grundsätzlich schutzfähig. Bei einer Wortbildmarke ist Anknüpfungspunkt dieser Prüfung idR der Wortbestandteil, es sei denn, der Bildbestandteil wäre besonders prägend oder auffällig.

 

Die Beurteilung des Rekursgerichts, das Wort Kulinarium bezeichne für die beteiligten Verkehrskreise ohne komplizierte Schlussfolgerungen eine besondere Art eines Bewirtungs- bzw Verpflegungsbetriebs, ist nicht korrekturbedürftig. Ob eine eintragungsfähige, keiner Sprache angehörige Phantasiebezeichnung vorliegt, ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung zu prüfen. Auch ein ursprünglich erfundenes Wort kann sich daher durch Verwendung im Verkehr zur Gattungsbezeichnung entwickeln, wenn dies der Sicht der Verbraucher entspricht.

 

Entgegen dem Revisionsrekurs wird der Begriff Kulinarium tatsächlich in dem vom Rekursgericht genannten Sinn gebraucht. Dass sich der Begriff nicht im Wörterbuch findet, ist dafür nicht entscheidend. Ein Eintrag in einem solchen Werk kann zwar als Nachweis fehlender Unterscheidungskraft gelten. Aus dem Umstand, dass sich ein solcher Nachweis nicht führen lässt, folgt aber nicht zwingend, dass dem Begriff Kennzeichnungskraft für die damit versehenen Waren oder Dienstleistungen zukommt.

 

Auch dass der Wortteil trotz des Schriftbildes derart dominiert, dass die grafische Gestaltung die fehlende Unterscheidungskraft des Wortes nicht auszugleichen vermag, ist eine Frage des Einzelfalls und wurde vom Rekursgericht vertretbar gelöst.

 

Das Rekursgericht hat den Antragsteller darauf hingewiesen, dass Markeneintragungen keine präjudizielle Wirkung auf andere Verfahren haben. Dadurch, dass der Revisionsrekurs neuerlich auf derartige Eintragungen Bezug nimmt, zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage auf.

 

Die vom Antragsteller herangezogenen Entscheidungen sind nicht einschlägig. Zu 4 Ob 16/15d, Sport+, wies der Senat einen außerordentlichen Revisionsrekurs zurück, weil die Beurteilung der Vorinstanzen, Sport+ sei für einen Sportsender nicht rein beschreibend, noch vertretbar war. Eine inhaltliche Billigung ist damit nicht verbunden; vielmehr wurde nur zum Ausdruck gebracht, dass das Rekursgericht seinen breiten Beurteilungsspielraum nicht überschritten hatte. Die Entscheidung 17 Ob 1/07g, Wein & Co, begründet die Schutzfähigkeit des Zeichens damit, dass durch den Zusatz „& Co“ ein Gesellschaftsverhältnis bezeichnet wird und dies iZm einer Warenbezeichnung nur in einem anderen, nicht nur beschreibenden Sinn aussagekräftig ist. Auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor.