14.12.2020 Steuerrecht

VwGH: Zur Frage der Anwendbarkeit des § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG bei monatlichem Kostenersatz des Dienstnehmers in Höhe des vollen Sachbezugswertes

Wenn in der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG von der „Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges“ die Rede ist, welche dem Anspruch auf Pendlerpauschale abträglich ist, kann das Zutreffen dieses Ausschlussgrundes nach dem äußersten Wortsinn nicht schon dann verneint werden, wenn der Arbeitnehmer einen „Kostenbeitrag“ (in Höhe des lohnsteuerlichen Sachbezuges) leistet; der Begriff der „Zurverfügungstellung“ eines arbeitgebereigenen Kfz kann unter Zugrundelegung der ratio des Gesetzes, welche vom Bestehen eines im Dienstverhältnis gelegenen Vorteils ausgeht, erst dann verneint werden, wenn die Überlassung des Kfz an den Arbeitnehmer zu Bedingungen erfolgen sollte, wie sie auch ohne Vorliegen eines Dienstverhältnisses üblich wären; in diesem Fall läge keine bloße „Zurverfügungstellung“, sondern eine Fahrzeugmiete vor


Schlagworte: Einkommensteuer, Werbungskosten, Pendlerpauschale, Dienstfahrzeug, Kostenersatz, „Car Policy“, Sachbezugswert
Gesetze:

 

§ 16 EStG, § 33 EStG

 

GZ Ro 2019/15/0185, 21.10.2020

 

Zwischen Arbeitgeber und Mitbeteiligten war ein „Kostenbeitragsmodell“ in der Form vereinbart („Car Policy“-Übereinkommen), dass „die Höhe des aus lohnsteuerrechtlicher Sicht anzusetzenden Sachbezuges als monatliche Zuzahlung (‚Privatanteil‘) durch den Dienstnehmer zu leisten ist“.

 

Dementsprechend entrichtete der Mitbeteiligte im Wege des Lohneinbehalts durch den Dienstgeber monatliche Kostenbeiträge iHv 394,35 € (dies entspricht 1,5 % der vom Dienstgeber aufgewendeten Anschaffungskosten für den Dienstwagen). Eine Besteuerung des Sachbezugs unterblieb.

 

VwGH: Gem § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG steht dem Arbeitnehmer kein Pendlerpauschale zu, wenn ihm ein arbeitgebereigenes Kfz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt wird. Ein Pendlereuro iHv jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist gem § 33 Abs 5 Z 4 EStG in Abhängigkeit vom Anspruch auf ein Pendlerpauschale gem § 16 Abs 1 Z 6 EStG zu gewähren.

 

Im Revisionsfall leistete der Mitbeteiligte einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe des für das dienstgebereigene Kfz anzusetzenden Sachbezugswertes. Das BFG folgerte daraus, dass dem Mitbeteiligten damit der Vorteil der ersparten Aufwendungen für den Weg Wohnung - Arbeitsstätte nicht mehr zukomme und der Ausschluss gem § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG daher in verfassungskonformer Interpretation nicht anzuwenden sei.

 

Eine verfassungskonforme Interpretation findet - wie auch jede andere - ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Wenn in der Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 6 lit b EStG von der „Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges“ die Rede ist, welche dem Anspruch auf Pendlerpauschale abträglich ist, kann das Zutreffen dieses Ausschlussgrundes nach dem äußersten Wortsinn nicht schon dann verneint werden, wenn der Arbeitnehmer einen „Kostenbeitrag“ (in Höhe des lohnsteuerlichen Sachbezuges) leistet. Der Begriff der „Zurverfügungstellung“ eines arbeitgebereigenen Kfz kann unter Zugrundelegung der ratio des Gesetzes, welche vom Bestehen eines im Dienstverhältnis gelegenen Vorteils ausgeht, erst dann verneint werden, wenn die Überlassung des Kfz an den Arbeitnehmer zu Bedingungen erfolgen sollte, wie sie auch ohne Vorliegen eines Dienstverhältnisses üblich wären. In diesem Fall läge keine bloße „Zurverfügungstellung“, sondern eine Fahrzeugmiete vor.

 

Das gegenständliche Kostenbeitragsmodell ist - wie das revisionswerbende Finanzamt aufzeigt - nicht darauf ausgerichtet, Kostenbeiträge der Dienstnehmer in einer Höhe zu bemessen, die das Vorliegen eines im Dienstverhältnis begründeten geldwerten Vorteiles ausschließen würden.

 

Die vom BFG angestellten Erwägungen stehen im Übrigen auch in Widerspruch zu den Ausführungen des VfGH im Beschluss vom 9. Juni 2016, E 110/2016. Der VfGH hat zur Versagung des Pendlerpauschales bei gleichzeitigem Ansatz eines Sachbezugs ausgeführt, im Rahmen einer Durchschnittsbetrachtung sei davon auszugehen, dass jenen Arbeitnehmern, denen für den Arbeitsweg ein arbeitgebereigenes Kfz zur Verfügung stehe, geringere Aufwendungen erwachsen, da die laufenden Kosten für den Betrieb idR vom Arbeitgeber getragen würden. Vor dem Hintergrund der stRsp zur Zulässigkeit von Pauschalierungen lasse sich eine Gleichheitswidrigkeit oder die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

 

Der VfGH hat demnach die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt, in der geltend gemacht wurde, dass durch den Ansatz eines Sachbezuges für die private Kfz-Nutzung bereits eine völlige Gleichstellung mit jenen Arbeitnehmern erreicht werde, denen dieser Vorteil aus dem Dienstverhältnis nicht zukomme. Er teilte daher die vom BFG vertretene Auffassung, wonach der ausschließlich an den Anschaffungskosten des arbeitgebereigenen Fahrzeuges anknüpfende Sachbezugswert in einer Durchschnittsbetrachtung auch die laufenden Kosten für den Betrieb des Fahrzeuges abdeckt, nicht.