13.10.2020 Zivilrecht

OGH: Zu den Kosten der Besuchsbegleitung

Wenn ein Kontaktrecht ohne Besuchsbegleitung dem Kindeswohl besser entspricht als das gänzliche Unterbleiben des Kontakts, ist schon im Interesse des Kindes von einer obligatorischen Besuchsbegleitung abzusehen


Schlagworte: Familienrecht, minderjähriges Kind, Kontaktrecht, Besuchsrecht, Besuchsbegleitung, Kosten, Kindeswohl, Interessenabwägung
Gesetze:

 

§ 187 ABGB, § 111 AußStrG, Art 8 EMRK

 

GZ 4 Ob 78/20d, 11.08.2020

 

OGH: Oberster Grundsatz bei der Kontaktrechtsregelung ist das Kindeswohl; im Konfliktfall hat das Interesse eines Elternteils gegenüber dem Wohl des Kindes zurückzutreten. Daran knüpft auch § 111 AußStrG an. Demnach kann eine Besuchsbegleitung (also eine inhaltliche Beschränkung des Kontaktrechts) angeordnet werden, wenn es das Wohl des betroffenen Kindes verlangt.

 

In der hier vorliegenden Konstellation kann durch die Anordnung einer Besuchsbegleitung das Wohl der Minderjährigen in unterschiedlicher Weise betroffen sein: Zum einen könnte es das Wohl des Kindes nach § 111 AußStrG verlangen, die Minderjährige durch die Begleitung vor den Nachteilen eines unbegleiteten Kontakts zu schützen. Zum anderen könnte die Besuchsbegleitung dem Kindeswohl aber auch abträglich sein, nämlich dann, wenn wegen des finanziellen Unvermögens der Mutter überhaupt keine Kontakte mehr stattfinden und das Kind damit keine nähere Beziehung zu seiner Mutter aufbauen kann, entspricht doch ein regelmäßiger Kontakt in aller Regel dem Kindeswohl.

 

Um dieses Spannungsfeld aufzulösen, müssen die potentiellen Vor- und Nachteile der Anordnung einer Besuchsbegleitung gegeneinander abgewogen werden:

 

Wenn ein Kontaktrecht ohne Besuchsbegleitung dem Kindeswohl besser entspricht als das gänzliche Unterbleiben des Kontakts, ist schon im Interesse des Kindes von einer obligatorischen Besuchsbegleitung abzusehen. Ist hingegen das Unterbleiben des persönlichen Kontakts aus der Sicht des Kindes günstiger als eine unbegleitete Kontaktrechtsausübung, so hat das Gericht die Ausübung des Kontaktrechts von einer Besuchsbegleitung abhängig zu machen.