OGH: Behauptetes Fehlverhalten des (noch nicht bestellten) Verwalters – zur Rechtsmittellegitimation in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 4 WEG
Gegenstand des hier zu beurteilenden Beschlusses war die Bestellung der Rechtsmittelwerberin zur Verwalterin; mit der Beschlussfassung sollte die auf die Auswahl der Person des Verwalters gerichtete interne Willensbildung der Eigentümergemeinschaft als Voraussetzung für eine wirksame Verwalterbestellung erst erfolgen; auf Mängel bei der Beschlussfassung, die auf ein behauptetes Fehlverhalten (eines bereits bestellten) Verwalters zurückzuführen sind, kann sich die Revisionsrekurswerberin zur Begründung einer Rechtsmittellegitimation daher nicht berufen
§ 52 WEG, § 26 WEG, § 19 WEG, § 20 WEG
GZ 5 Ob 84/20v, 07.07.2020
OGH: Weder das AußStrG noch § 52 Abs 2 WEG oder die über letztgenannte Bestimmung anwendbaren Regelungen des § 37 Abs 3 MRG enthalten eine gesetzliche Definition der Rechtsmittellegitimation. Es gilt daher der allgemeine Grundsatz, dass die Rechtsmittellegitimation dann zu bejahen ist, wenn die angefochtene Entscheidung in die geschützte Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift.
Nach stRsp ist daher nur derjenige rechtsmittellegitimiert, der durch die bekämpfte Entscheidung (formell oder materiell) beschwert ist. Formelle Beschwer liegt vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrunde liegenden Antrag des Rechtsmittelwerbers zu seinem Nachteil abweicht. Die formelle Beschwer reicht aber nicht immer aus. Der Rechtsmittelwerber muss auch materiell beschwert sein, was der Fall ist, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird.
Zur Parteistellung und Rechtsmittellegitimation des Verwalters in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 4 WEG hat der Fachsenat erst jüngst unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien zur WRN 2006 in der Entscheidung zu 5 Ob 182/19d ausführlich Stellung genommen. Gegenstand dieses Verfahrens war die Anfechtung eines Beschlusses (ua) wegen formeller Mängel, die auf einem behaupteten Fehlverhalten des Verwalters beruht haben sollen. Sowohl die Parteistellung des Verwalters als auch seine Rechtsmittellegitimation wurden bejaht; da der Verwalter ausdrücklich die Abweisung des Beschlussanfechtungsantrags begehrte und die behaupteten formellen Mängel bestritten hatte, waren auch die formelle und materielle Beschwer gegeben. Eine vergleichbare und damit in der Rsp geklärte Konstellation legt das Rekursgericht seinem Zulassungsausspruch zugrunde, wenn es unterstellt, der Verwalter sei einem Beschlussanfechtungsverfahren wegen eines ihn betreffenden Vorwurfs beizuziehen, und lediglich dessen Rekurslegitimation in Frage stellt, weil sein Verhalten für die Entscheidung über die Beschlussanfechtung nur Vorfrage sein könne.
Der Zweck der Beteiligung des Verwalters am Beschlussanfechtungsverfahren ist, ihm möglichst früh Gelegenheit zur Verteidigung zu geben, weil er als vielleicht sogar schuldhafter Verursacher auch die Konsequenz seines Handelns mitzutragen hat. Diesem Gedanken entsprechen auch die von der Revisionsrekurswerberin zitierten und unter dem Rechtssatz RS0116455 erfassten Entscheidungen zu 5 Ob 301/01b und 5 Ob 186/08a, die ebenfalls auf den Vorwurf einer Verletzung von Verwalterpflichten iZm der Beschlussfassung (dessen Gegenstand) der Eigentümergemeinschaft abstellen.
Sowohl die Revisionsrekurswerberin als auch das Rekursgericht in seiner Zulassungsbegründung übergehen aber, dass Gegenstand des hier zu beurteilenden Beschlusses die Bestellung der Rechtsmittelwerberin zur Verwalterin war. Mit der Beschlussfassung sollte die auf die Auswahl der Person des Verwalters gerichtete interne Willensbildung der Eigentümergemeinschaft als Voraussetzung für eine wirksame Verwalterbestellung erst erfolgen. Auf Mängel bei der Beschlussfassung, die auf ein behauptetes Fehlverhalten (eines bereits bestellten) Verwalters zurückzuführen sind, kann sich die Revisionsrekurswerberin zur Begründung einer Rechtsmittellegitimation daher nicht berufen.
Der Sachbeschluss des Erstgerichts erging auch gegenüber der Revisionsrekurswerberin, die im Verfahren dem Begehren des Antragstellers inhaltlich entgegen getreten ist, sodass es keinen Bedenken begegnet, wenn das Rekursgericht zwar deren formelle Beschwer bejaht hat, die materielle Beschwer aber verneinte, weil ihre Rechtsstellung durch die Entscheidung über die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses vom 23. 3. 2018 nicht berührt war. Da kein subjektives Recht auf Bestellung zum Verwalter besteht, ist ein Eingriff in eine rechtlich geschützte Stellung ausgeschlossen. Da ein Verhalten eines (wirksam bestellten) Verwalters gar nicht Gegenstand der Beschlussfassung war, bildet die von der Revisionsrekurswerberin angesprochene (mögliche) Haftung, weil sie mit der gerichtlich bestellten einstweiligen Verwalterin der Liegenschaft (§ 23 WEG) vereinbart habe, die Verwaltung zu übernehmen, allenfalls eine Reflexwirkung, die ihr weder eine Parteistellung gem § 52 Abs 2 Z 1 letzter Satz WEG noch eine Rechtsmittellegitimation verschaffen kann. Dass das Rekursgericht ihr Rechtsmittel von Amts wegen als unzulässig zurückwies, entspricht daher der Rsp des OGH.