06.10.2020 Verfahrensrecht

OGH: Mangelnde Schiedsfähigkeit gem § 611 Abs 2 Z 7 ZPO iZm behauptetem Vorliegen einer einheitlichen Streitgenossenschaft?

Die Frage, ob eine einheitliche Streitgenossenschaft zu bejahen ist, ist materiell-rechtlicher Natur; deren Klärung bleibt dem Schiedsgericht vorbehalten, weil im Aufhebungsverfahren nicht zu überprüfen ist, ob ein Schiedsspruch die materiell-rechtlichen Rechtsfragen richtig löst


Schlagworte: Schiedsverfahren, Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs, einheitliche Streitgenossenschaft, objektive Schiedsfähigkeit
Gesetze:

 

§ 611 ZPO, § 14 ZPO § 582 ZPO

 

GZ 18 OCg 1/20a, 23.07.2020

 

OGH: Der Aufhebungsgrund der mangelnden Schiedsfähigkeit (§ 611 Abs 2 Z 7 ZPO) liegt nicht vor.

 

Nach der zitierten Bestimmung ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn der Streitgegenstand nach inländischem Recht nicht objektiv schiedsfähig ist. Das Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit (§ 582 ZPO) ist damit als eigener Aufhebungsgrund geregelt und hindert somit nicht das Zustandekommen eines wirksamen (aber anfechtbaren) Schiedsspruchs. Nach der Bestimmung des § 582 Abs 1 Satz 1 ZPO kann (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) jeder vermögensrechtliche Anspruch, über den von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden ist, auch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Nicht vermögensrechtliche Ansprüche sind nur dann objektiv schiedsfähig, wenn sie vergleichsfähig sind.

 

Die Aufhebungsklägerin zweifelt die vermögensrechtliche Natur der im Schiedsverfahren behandelten Streitigkeiten nicht an. Sie verneint deren objektive Schiedsfähigkeit vielmehr mit dem Argument, dass die von der Schiedsvereinbarung umfassten Fragen zur Rechtmäßigkeit der Zuschüsse oder zum Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nur in einem Verfahren mit allen Aktionären der Beklagten geklärt werden könnten.

 

Damit geht die Klage erkennbar davon aus, dass alle Aktionäre der Klägerin hinsichtlich der im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche eine einheitliche (und notwendige) Streitpartei iSd § 14 S 1 ZPO (= anspruchsgebundene Streitpartei) bilden. Ob aber eine solche Streitpartei vorliegt, richtet sich nach der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses, setzt also eine materiell-rechtliche Prüfung voraus. Bei einer anspruchsgebundenen einheitlichen Streitpartei ist die Klage daher mangels Sachlegitimation abzuweisen, wenn nicht alle der materiell nur gemeinsam berechtigten oder verpflichteten Personen beteiligt sind.

 

Die Frage, ob hier eine einheitliche Streitgenossenschaft zu bejahen ist, ist also materiell-rechtlicher Natur. Deren Klärung bleibt dem Schiedsgericht vorbehalten, weil im Aufhebungsverfahren nicht zu überprüfen ist, ob ein Schiedsspruch die materiell-rechtlichen Rechtsfragen richtig löst.

 

Auch in der Regierungsvorlage zum SchiedsRÄG wird ausgeführt, dass die Frage der objektiven Schiedsfähigkeit noch nichts über den Kreis der Personen aussagt, deren Beteiligung notwendig ist, um eine konkrete Angelegenheit tatsächlich in einem Schiedsverfahren abschließend zu entscheiden.

 

Das von der Klägerin behauptete Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei kann nicht die fehlende Schiedsfähigkeit begründen.