06.10.2020 Zivilrecht

OGH: Konkludente Einräumung eines Werknutzungsrechts (durch zum Zeitpunkt des Erscheinens der Erstauflage geschäftsführenden Gesellschafter an „seine“ GmbH)

Die Behauptung, eine Rechteeinräumung durch einen Gesellschafter sei jedenfalls mit der Dauer seiner Gesellschafterstellung befristet, findet in der Rsp keine Deckung


Schlagworte: Urheberrecht, Werknutzungsrechte, Gesellschafter-Geschäftsführer, GmbH, konkludent, keine Befristung mit Dauer der Gesellschafterstellung
Gesetze:

 

§ 26 UrhG, § 863 ABGB

 

GZ 4 Ob 100/20i, 11.08.2020

 

OGH: Durch die Einräumung eines Werknutzungsrechts wird ein vom Verwertungsrecht des Urhebers verschiedenes absolutes Recht begründet. Seine Bestellung ist keine Rechtsübertragung, sondern eine konstitutive Rechtsbegründung iSe Belastung des Urheberrechts. Der Urheber hat sich, soweit das Werknutzungsrecht reicht, so wie ein Dritter der Benutzung des Werks zu enthalten.

 

Ein Werknutzungsrecht kann auch schlüssig eingeräumt werden. Bei Auftragswerken ist davon im Regelfall auszugehen. Die Befugnisse des Werknutzungsberechtigten aus einem solchen Werknutzungsvertrag reichen im Zweifel nicht weiter, als es für den praktischen Zweck der beabsichtigten Werknutzung erforderlich ist. Wie weit ein schlüssig eingeräumtes Werknutzungsrecht inhaltlich, zeitlich und räumlich reicht, ist eine Rechtsfrage, der allerdings aufgrund der Einzelfallbezogenheit idR – krasse Fehlbeurteilungen ausgenommen – keine erhebliche Bedeutung zukommt.

 

Entgegen den Behauptungen der Revision liegt eine solche erhebliche Rechtsfrage nicht darin, dass der OGH noch nicht zur schlüssigen Einräumung eines Werknutzungsrechts durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer an „seine“ GmbH Stellung genommen habe. Eine derartige Konstellation lag nämlich etwa schon der Entscheidung 4 Ob 23/15h zugrunde, in der die Beurteilung der Vorinstanzen, die von einer konkludenten, nicht auf die Dauer der Gesellschafterstellung befristeten Rechteeinräumung an den durch den Gesellschafter-

Geschäftsführer aufgenommenen Lichtbildwerken an seine GmbH ausgingen, gebilligt wurde. Auch zu 4 Ob 304/97b nahm der Senat ein schlüssig erteiltes, unbefristetes Werknutzungsrecht durch einen Gesellschafter-Prokuristen an. Darauf, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer für die Rechteeinräumung ein gesondertes Entgelt erhielt, wurde in der Jud nicht abgestellt. Im Übrigen erhöht ein Werknutzungsrecht den Wert der Gesellschaftsanteile und damit indirekt auch das Vermögen des Gesellschafters.

 

Der Revisionswerber zeigt keine Argumente auf, weshalb die Vorinstanzen die konkludente Einräumung eines Werknutzungsrechts unvertretbar bejaht haben sollten. Nach dem Sachverhalt wurde das Buch mit Arbeitskräften der Erstbeklagten erstellt, trägt das von ihr in Auftrag gegebene Logo, die dafür angefallenen Kosten sowie auch jene für die Herstellung der enthaltenen Fotografien wurden von der Erstbeklagten getragen, und das Buch stellt größtenteils von der Erstbeklagten nach ihren Gussformen gefertigte Werkstücke vor; es wurde folglich von ihr als Werbemittel eingesetzt und fallweise auch an Kunden verschenkt.

 

Auch zur Frage der Dauer der Rechteeinräumung zeigt der Revisionswerber keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung auf. Seine Behauptung, eine Rechteeinräumung durch einen Gesellschafter sei jedenfalls mit der Dauer seiner Gesellschafterstellung befristet, findet in der bereits zitierten Rsp keine Deckung. Das weitere Argument, der Kläger habe für das Werk kein Entgelt bezogen, ist dafür nicht ausschlaggebend, erhielt er doch wohl ein Gehalt als Geschäftsführer. Anderes ist auch aus der – zurückweisenden – Entscheidung 4 Ob 1101/95 nicht abzuleiten: Wie die Revision selbst ausführt, ging es dort um nicht im dienstlichen Kontext angefertigte private Urlaubsfotos, die ein Angestellter seinem Dienstgeber für Katalogwerbung zur Verfügung gestellt hatte; der Dienstnehmer hatte damit außerhalb des betrieblichen Organismus seines Dienstgebers aus eigenem Antrieb ein Werk geschaffen. Im vorliegenden Fall hingegen handelt es sich um ein direkt für Zwecke der Erstbeklagten hergestelltes und ihre Produkte abbildendes Werk.

 

Die Revision zeigt auch mit der Behauptung, der Kläger habe der Erstbeklagten allenfalls die Rechte an der ersten Auflage, nicht aber am Werk an sich übertragen, keine erhebliche Rechtsfrage auf. Entgegen der Revision hat sich die Erstbeklagte nicht nur an den Herstellungskosten der ersten Auflage beteiligt. Nach den Feststellungen wurden vielmehr auch Mitarbeiter der Erstbeklagten für die Erstellung des Werks selbst herangezogen, so insbesondere zu Recherchearbeiten. Die Erstbeklagte engagierte und bezahlte mehrere Fotografen, die für die Illustration des Buchs Aufnahmen anfertigten. Das fertige Buch wurde mit ihrem Logo versehen und enthält hauptsächlich ihre Produkte sowie Abbildungen alter Briefe und Musterbücher der Erstbeklagten.

 

Auch aus § 1173 ABGB ist für den Standpunkt des Klägers nichts abzuleiten; die Bestimmung stellt eine Zweifelsregel für Verlagsverträge auf. Ein solcher ist hier nicht zu prüfen.

 

Letztlich schlägt auch das Argument fehl, bei dem Buch handle es sich um kein „unabdingbares Werbemittel“. Der Kläger verweist dazu nur auf die Entscheidung 4 Ob 53/93, die jedoch nicht einschlägig ist: Dort wurde bejaht, dass die Beklagte mit den nach Entwürfen des Klägers gefertigten Kostümen für ihr Marionettentheater auch Werbung betreiben dürfe, weil dies für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens unabdingbar war. Insoweit ging es ausschließlich um die Frage, ob ein Werknutzungsrecht, das zum Zweck der Herstellung von Werkstücken nach einem Entwurf eingeräumt wurde, auch die Werbung damit zulässt. Eine Aussage dahin, ein unmittelbar zu Werbezwecken bzw zur Selbstdarstellung einer GmbH eingeräumtes Werknutzungsrecht setze „Unabdingbarkeit“ voraus, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Anders als bei der zitierten Entscheidung geht es im Anlassfall auch nicht um die Frage einer allenfalls vom Verwertungsvertrag nicht mehr gedeckten Nutzungsart, sondern schlicht um den Nachdruck einer zweiten Auflage.