OGH: Zur Vertretung des Kindes in Abstammungssachen (Inzidentalanerkennung)
Ist die Anerkennung einer ausländischen Vaterschaftsfeststellung nur Vorfrage für einen Unterhaltsanspruch, so besteht bei der Mutter idR keine Interessenkollision
§§ 91a ff AußStrG, § 151 ABGB, § 231ABGB, § 277 ABGB
GZ 6 Ob 7/20b, 25.06.2020
OGH: Nach § 277 Abs 2 ABGB ist ein Kurator ua dann zu bestellen, wenn die Interessen einer mj Person dadurch gefährdet sind, dass in einer bestimmten Angelegenheit ihre Interessen jenen ihres gesetzlichen Vertreters widerstreiten (Kollision). Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn Interessen des Vertretenen ausreichend vom Gericht wahrgenommen werden können.
Im Verfahren zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen gem § 231 ABGB ist idR von einer ausreichenden Interessenwahrnehmung durch das Gericht auszugehen, auch wenn das Kind vom betreuenden Elternteil vertreten wird. Hingegen bejaht die Rsp eine Interessenkollision zwischen dem Kind und seiner Mutter und gesetzlichen Vertreterin im Ehelichkeitsbestreitungsprozess (Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter, § 151 ABGB) und iZm der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses. Im Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft wird eine mögliche Kollision der Interessen des Kindes und der Mutter allgemeinen schon darin gesehen, dass die Mutter durch die Feststellung eines Vaters für ihr Kind idR - durch Hinzuziehung eines weiteren Unterhaltsschuldners - von ihrer eigenen Unterhaltspflicht entlastet wird.
Hier ist aber nicht die Vertretung des Kindes in einem Abstammungsverfahren zu beurteilen, dessen Entscheidung Wirkung gegenüber jedermann entfaltet (vgl § 140 ABGB). Im vorliegenden Verfahren erfolgt die Beurteilung der Abstammung lediglich als Vorfrage durch die Anerkennung bzw Ablehnung der Anerkennung des vor der ukrainischen Personenstandsbehörde abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses und der ukrainischen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen. Die Beurteilung entfaltet daher nur für das vorliegende Unterhaltsverfahren und zwischen den Verfahrensparteien Wirksamkeit; eine darüber hinaus gehende Bindung könnten die Parteien nur in einem Verfahren nach §§ 91b oder 91c AußStrG erreichen.
IZm dem gegen den Antragsgegner geltend gemachten Unterhaltsanspruch ist aber ein Widerspruch zwischen den Interessen des Kindes und denen der als gesetzliche Vertreterin einschreitenden Mutter nicht ersichtlich. Das vom Kind in diesem Verfahren verfolgte Interesse ist nämlich ausschließlich darauf gerichtet, von jenem Mann, der als rechtlicher Vater in Anspruch genommen wird, Unterhalt zu erlangen. Mögliche widersprechende Interessen der Mutter sind nicht ersichtlich.