OGH: Rechtsmittel eines mündigen Minderjährigen iZm Antrag auf Informationserteilung des nicht obsorgeberechtigten Elternteils nach § 189 ABGB
Im Verfahren über Informationsansprüche des nicht obsorgeberechtigten Elternteils nach § 189 ABGB ist die besondere Verfahrensfähigkeit des mündigen Minderjährigen iSd § 104 Abs 1 AußStrG gegeben
§ 104 AußStrG, § 2 AußStrG, § 189 ABGB
GZ 1 Ob 112/20g, 24.06.2020
OGH: Im Verfahren über Informationsansprüche des nicht obsorgeberechtigten Elternteils nach § 189 Abs 1 ABGB sind sowohl das Kind als auch der auskunftspflichtige obsorgeberechtigte Elternteil (hier die Mutter) Partei. Dabei geht es um Informationen über Lebensumstände des Kindes, durch deren Bekanntgabe dessen Rechte unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls unmittelbar berührt werden, beispielsweise Ansprüche auf Vertraulichkeit. Nach § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG ist jede Person Partei des Verfahrens außer Streitsachen, soweit die begehrte Entscheidung ihre rechtlich geschützte Stellung unmittelbar beeinflusst. Das ist etwa bei der Auskunftserteilung über den Schulerfolg eines Kindes der Fall.
Der Revisionsrekurs wurde von der 14jährigen Tochter (ohne Vertretung durch ihre Mutter) selbständig erhoben. Das Informationsrecht dient typischerweise der (ersatzweisen) Informationsverschaffung wie sie sonst im Rahmen des persönlichen Verkehrs zwischen dem Kind und dem nicht obsorgebetrauten Elternteil stattfindet, weshalb das Verfahren auf gerichtliche Anordnung der Informationspflicht auch unter Bedachtnahme auf die systematische Stellung des § 189 ABGB im „Dritten Hauptstück, Rechte zwischen Eltern und Kindern“ (im weiteren Sinn) als Regelung der Obsorge und des persönlichen Verkehrs zu verstehen ist. Im Verfahren über Informationsansprüche des nichtobsorgeberechtigten Elternteils gilt daher insbesondere § 104 AußStrG. Daher ist im Verfahren über einen Antrag auf beschlussmäßige Anordnung einer Informationserteilung auch die besondere Verfahrensfähigkeit des mündigen Minderjährigen iSd § 104 Abs 1 AußStrG gegeben. Da die 14jährige Tochter selbständig verfahrensfähig ist, brauchte sie zur Erhebung des Revisionsrekurses nicht die Mitwirkung ihrer Mutter (vgl dazu § 104 Abs 2 AußStrG).