14.09.2020 Sonstiges

VwGH: Zur Frage, ob der im Kaufvertrag vom Dezember 2012 vorgesehene „Fixkaufpreis“ - mangels Vorliegens außergewöhnlicher Verhältnisse iSd § 26 Abs 3 GGG - als Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr herangezogen werden kann

Der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch kein gesetzliches Vorkaufsrecht nach § 15g WGG, eingefügt durch die Novelle BGBl I Nr 157/2015, in Geltung stand, rechtfertigt nicht die Annahme gewöhnlicher Verhältnisse in der Person der Mieterin und späteren Käuferin der Wohnung


Schlagworte: Gerichtsgebühren, Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, Miete, Kauf, Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr, Vorkaufsrecht
Gesetze:

 

§ 26 GGG, § 15g WGG, § 15b WGG, § 15c WGG, § 15d WGG, § 23 WGG

 

GZ Ro 2020/16/0023, 04.08.2020

 

VwGH: In dem Erkenntnis vom 1. März 2018, Ra 2018/16/0012, hatte der VwGH vor dem Hintergrund eines Kaufvertrages aus dem Jahr 2017 mit einem Vorkaufsrecht nach § 15g WGG ausgeführt, dass die Regelung des § 26 Abs 1 letzter Satz GGG von der Bestimmung des § 10 Abs 2 BewG abweiche und vielmehr dem § 2 Abs 2 Liegenschaftsbewertungsgesetz entspreche, sodass bei der Ermittlung des Verkehrswerts Abschläge vom Sachwert für ein auf der Liegenschaft lastendes Wohnrecht vorzunehmen sein könnten. Der Verkehrswert könne wegen der auf einer Liegenschaft beruhenden Belastung und damit erschwerten Veräußerbarkeit unter dem Sachwert liegen. Auf den damaligen Revisionsfall bezogen führte der VwGH vor dem Hintergrund des § 15d iVm § 23 WGG fallbezogen aus, dass die besondere Stellung des damaligen Käufers als Mieter der geförderten Wohnung für die Ermittlung der Gegenleistung mit dem geringeren Kaufpreis bestimmend gewesen sei, womit außergewöhnliche Verhältnisse iSd § 26 Abs 3 erster Satz GGG vorgelegen seien, sodass der Wert dieser Gegenleistung als Bemessungsgrundlage gerade nicht herangezogen werden könne.

 

Im nun zur Beurteilung vorliegenden Revisionsfall hatte die Mitbeteiligte als Mieterin der Wohnung diese samt Abstellplatz zu einem „Fixpreis“ von € 106.712,61 im Dezember 2012 erworben.

 

§ 15b WGG, neu gefasst durch die Wohnrechtsnovelle 2002 regelt die nachträgliche Übertragung von Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräumen in das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum).

 

§ 15c WGG in der Fassung der WRN 2002, räumt dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 15b einen Anspruch auf Übertragung der Wohnung in das Wohnungseigentum unter den dort genannten Voraussetzungen ein.

 

§ 15d WGG in der Fassung der WRN 2002 bestimmt, dass für die nachträgliche Übertragung von Wohnungen oder Geschäftsräumen in das Wohnungseigentum unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 23, insbesondere dessen Abs 4c, ein Fixpreis vereinbart werden „kann“.

 

§ 23 WGG in der Fassung der Wohnrechtsnovelle 2006 trifft in Abs 4c nähere Bestimmungen über den nach § 15d zu ermittelnden Fixpreis.

 

Das VwG verneinte in seiner rechtlichen Beurteilung das Vorliegen „außergewöhnlicher Verhältnisse“ iSd § 26 Abs 3 GGG, weil jeder andere Käufer der gegenständlichen Liegenschaftsanteile samt Wohnungseigentum der Verkäuferin keine andere - höhere - Gegenleistung geschuldet hätte. Im Kontext mit dem WGG sei der nach dem WGG reglementierte Kaufpreis der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mit einer nach dem WGG gemeinnützigen Wohungsgesellschaft bei der Veräußerung üblicherweise zu erzielende Wert.

 

Diese Beurteilung lässt zunächst unberücksichtigt, dass die Mitbeteiligte die in Rede stehende Wohnung bereits „vor ca. 17 Jahren in Miete“ übernommen hatte und ihr uU auf Grund des § 15c WGG ein Anspruch auf nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum zukam, womit sie vor dem Hintergrund des WGG gegenüber der Verkäuferin eine besondere Käuferposition eingenommen hätte.

 

Ob die Verkäuferin Wohnungen wie die verfahrensgegenständliche überhaupt auch außenstehenden, bislang nicht nutzungsberechtigten Dritten (zu einem nach § 15a Abs 1 oder § 15b Abs 1 iVm § 23 WGG bemessenen Fixpreis) anbot, woraus sich abseits einer besonderen Ausgangsposition der Mitbeteiligten auch ein „gewöhnlicher Geschäftsverkehr“ mit solchen Wohnungen, jedoch zu gesetzlich reglementierten Preisen erschlösse, ist nicht festgestellt.

 

Ausgehend von den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses kann daher die Schlussfolgerung des VwG, dass auch „jeder andere Käufer“ keine höhere Gegenleistung geschuldet habe, nicht geteilt werden.

 

Der Umstand, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch kein gesetzliches Vorkaufsrecht nach § 15g WGG, eingefügt durch die Novelle BGBl I Nr 157/2015, in Geltung stand, rechtfertigt nicht die Annahme gewöhnlicher Verhältnisse in der Person der Mitbeteiligten.