08.09.2020 Zivilrecht

OGH: Geschütztes Filmwerk iSd § 4 UrhG – öffentliche Aufführung von Rundfunkprogrammen, an denen die Klägerin exklusive Nutzungsrechte hat (hier: Wiedergabe eines Fußballspiels der deutschen Bundesliga versehen mit arabischen Untertitel in Gasthaus)

Bereits das Bildmaterial erfüllt die Anforderungen an eine eigentümliche geistige Schöpfung iSd § 4 UrhG, sodass dessen Wiedergabe die Werknutzungsrechte der Klägerin verletzt; dass die Ausstrahlung mit einem anderen Kommentar erfolgte, ändert daran nichts; geht man davon aus, dass Kommentar und Bildmaterial ein untrennbares Ganzes bilden, sohin ein gemeinsam geschaffenes Werk vorliegt, dann ist der Austausch des Kommentars eine Bearbeitung; die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin werden durch eine solche nicht geschmälert; handelt es sich hingegen um eine bloße Werkverbindung, ist der geänderte Kommentar im Anlassfall von vornherein ohne Relevanz


Schlagworte: Urheberrecht, Filmwerk, exklusive Nutzungsrechte, Fernsehsender, Rundfunksendung, Fußball, Bundesliga, arabische Untertitel
Gesetze:

 

§ 4 UrhG, § 5 UrhG, § 74 UrhG

 

GZ 4 Ob 86/20f, 02.07.2020

 

Die Klägerin besitzt das exklusive Recht an der Übertragung von Fernsehprogrammen eines bestimmten Senders in Österreich, darunter Fußballspiele der deutschen Bundesliga.

 

Die Beklagte führte über ein im Publikumsbereich ihres Gastronomiebetriebs einsehbares Fernsehgerät ein in das Exklusivrecht der Klägerin fallendes Fußballspiel ohne Bewilligung der Klägerin auf.

 

OGH: Die Revision argumentiert zunächst, das Fußballspiel sei mit arabischem Kommentar und mit deutlich sichtbarem Logo des ausländischen Senders ausgestrahlt worden. Die Beklagte habe daher keine urheberrechtlich geschützte Sendung der Klägerin aufgeführt.

 

Nach den Grundsätzen der Entscheidung 4 Ob 183/13g handelt es sich bei der Live-Übertragung bzw Aufzeichnung des Spiels um ein geschütztes Filmwerk iSd § 4 UrhG. Die Bildregie wählt aus den Aufzeichnungen in eigener, gestalterischer Entscheidung die jeweils besten aus und entscheidet über den Einsatz von Zeitlupe und Wiederholung. Zusätzlich erlaubt auch der Kommentar eine individuelle Zuordnung. Die Klägerin hat vom Hersteller dieses Filmwerks das exklusive Werknutzungsrecht übertragen erhalten.

 

Nach den Feststellungen hat der Sender, den die Beklagte in ihrem Geschäftslokal öffentlich wiedergegeben hat, dieses Bildmaterial (und nicht ein anderes Bildmaterial vom selben Spiel) ausgestrahlt. Bereits das Bildmaterial erfüllt die Anforderungen an eine eigentümliche geistige Schöpfung iSd § 4 UrhG, sodass dessen Wiedergabe die Werknutzungsrechte der Klägerin verletzt.

 

Dass die Ausstrahlung mit einem anderen Kommentar erfolgte, ändert daran nichts. Geht man davon aus, dass Kommentar und Bildmaterial ein untrennbares Ganzes bilden, sohin ein gemeinsam geschaffenes Werk vorliegt, dann ist der Austausch des Kommentars eine Bearbeitung; die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin werden durch eine solche nicht geschmälert. Handelt es sich hingegen um eine bloße Werkverbindung, ist der geänderte Kommentar im Anlassfall von vornherein ohne Relevanz.

 

Ebenso ohne Relevanz ist, dass die Beklagte die AGB des ausländischen Runkfunkunternehmers, die eine öffentliche Wiedergabe des Signals ausdrücklich untersagen, nicht unterfertigt hat. Es geht im vorliegenden Fall nicht um die Drittwirkung fremder Lizenzbestimmungen, sondern darum, dass die Beklagte für sich selbst keine geschlossene Kette einer Rechteeinräumung nachweisen konnte.