24.08.2020 Zivilrecht

OGH: Unleidliches Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG (hier: tropfendes (Gieß-)Wasser auf darunter befindlichen Balkon; „exzessives“ Lüften im Winter)

Das Gießen der Pflanzen vermag auch dann, wenn dabei manchmal Wasser auf den darunter befindlichen Balkon lief, kein unleidliches Verhalten zu begründen; soweit die Kündigung auf ein „exzessives“ Lüften der Beklagten am Gang gestützt wird, ist auszuführen, dass zwar auch im Winter ein kurzes (Stoß-)Lüften hinzunehmen sein wird; das festgestellte teilweise stundenlange Öffnen der Gangfenster im Winter, wodurch es in einer anderen Wohnung trotz Beheizung „kalt“ wurde, wäre als Dauerverhalten jedoch nicht mehr akzeptabel


Schlagworte: Mietrecht, Kündigung, unleidliches Verhalten, herabtropfendes (Gieß-)Wasser, exzessives Lüften im Winter
Gesetze:

 

§ 30 MRG

 

GZ 1 Ob 113/20d, 24.06.2020

 

OGH: Ob ein unleidliches Verhalten iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG vorliegt, begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, sofern nicht der gesetzliche Beurteilungsspielraum überschritten wurde oder eine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Dass dies hier der Fall wäre, zeigt die Revision nicht auf.

 

Die Kläger behaupten zwar, dass in der angefochtenen Entscheidung die erforderliche Gesamtbetrachtung des Verhaltens der Beklagten unterblieben sei. Dies ist jedoch unzutreffend, legte das Berufungsgericht doch ausdrücklich dar, dass das Verhalten der Beklagten in seiner Gesamtheit den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG (gerade noch) nicht herstelle.

 

Dass beim Gießen von Balkonpflanzen bisweilen Wasser daneben bzw über den Pflanzen-(unter-)topf rinnt, lässt sich nicht immer vermeiden. Vom Mieter kann zwar gefordert werden, dass er seine Pflanzen nicht gerade dann gießt, wenn Nachbarn unter ihm ihre Freifläche nutzen und durch herabtropfendes Wasser gestört werden könnten. Dass die Beklagte ihre Pflanzen gerade dann goss, wenn sich Personen auf dem unter ihrer Wohnung gelegenen Balkon aufhielten, haben die Kläger aber gar nicht behauptet. Das Gießen der Pflanzen vermag daher auch dann, wenn dabei manchmal Wasser auf den darunter befindlichen Balkon lief (wobei nicht konkret behauptet wurde, wie oft dies vorkommen sei; auch die Revision enthält dazu keine Darlegungen), kein unleidliches Verhalten zu begründen.

 

Soweit die Kündigung auf ein „exzessives“ Lüften der Beklagten am Gang gestützt wird, ist auszuführen, dass zwar auch im Winter ein kurzes (Stoß-)Lüften hinzunehmen sein wird; das festgestellte teilweise stundenlange Öffnen der Gangfenster im Winter, wodurch es in einer anderen Wohnung trotz Beheizung „kalt“ wurde, wäre als Dauerverhalten jedoch nicht mehr akzeptabel. Berücksichtigt man, dass der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG eine erhebliche Störung des friedlichen Zusammenlebens voraussetzt, dass sich nach Abmahnung der Beklagten durch die Kläger nach eigenem Vorbringen zwischenzeitig eine Besserung ergab und dass mittlerweile die meisten Gangfenster versperrt sind, liegt in der Beurteilung, wonach insgesamt gerade noch kein zur Kündigung berechtigendes unleidliches Verhalten der Beklagten angenommen werden könne, aber noch keine korrekturbedürftige Überschreitung des dem Berufungsgericht zukommenden Ermessensspielraums. Dass die Beklagte glaubte, zum exzessiven Lüften berechtigt zu sein, vermag daran nichts zu ändern.