VwGH: § 24 BAO – Begründung von wirtschaftlichem Eigentum
Bei "Anschaffungen" bedarf es für die Annahme eines Übergangs von wirtschaftlichem Eigentum vor dem Zustandekommen des eigentlichen schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäftes im Allgemeinen einer beide Vertragsparteien bindenden, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmenden Vereinbarung
§ 24 BAO
GZ Ra 2020/15/0012, 30.06.2020
VwGH: In seinem Erkenntnis vom 3. September 2019, Ra 2018/15/0052, hat der VwGH ausgesprochen, dass der Begriff der „Anschaffung“ nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen zu verstehen ist und es daher auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums (§ 24 BAO) ankommt. Inwiefern vor diesem Hintergrund Rsp dazu fehlen sollte, ob für die Beurteilung der Anerkennung einer im Rahmen der Gruppenbesteuerung des § 9 KStG geltend gemachten Firmenwertabschreibung eine wirtschaftliche Betrachtungsweise heranzuziehen ist, ist nicht ersichtlich.
Im angefochtenen Erkenntnis hat das BFG zutreffend darauf verwiesen, dass es bei „Anschaffungen“ für die Annahme eines Übergangs von wirtschaftlichem Eigentum vor dem Zustandekommen des eigentlichen schuldrechtlichen, auf die Eigentumsübertragung ausgerichteten Rechtsgeschäftes im Allgemeinen einer beide Vertragsparteien bindenden, einen späteren Kaufvertrag wirtschaftlich vorwegnehmenden Vereinbarung bedarf.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat es sich sodann mit der Behauptung der Revisionswerberin auseinandergesetzt, dass der Erwerb von Geschäftsanteilen der B GmbH durch die M GmbH lediglich treuhändig für die T-Holding GmbH erfolgt sei und hat dies - für alle Beteiligungserwerbe der M GmbH an der B GmbH (vor und nach der Gründung der T-Holding GmbH) - vertretbar verneint.
Dabei hat das BFG darauf hingewiesen, dass die M GmbH zunächst 56 % der Geschäftsanteile an der B GmbH bereits am 7. Jänner 2005 erworben habe, die T-Holding GmbH aber erst am 2. Dezember 2005 (also 11 Monate später) gegründet worden sei. Mangels rechtlicher Existenz der T-Holding GmbH zum Zeitpunkt dieses ersten (und auch größten) Anteilserwerbs habe eine besondere obligatorisch bindende Vereinbarung zum treuhändigen Erwerb von Geschäftsanteilen der B GmbH zwischen der T-Holding GmbH und der M GmbH gar nicht „von vornherein“ bzw „im Vorfeld“ getroffen worden sein können.
Eine bindende Vereinbarung sei aber auch nicht in den späteren schriftlichen Vereinbarungen enthalten gewesen. Angesichts der im Übrigen detaillierten Regelung der konzerninternen Geschäftsbeziehungen zwischen der M GmbH und der F GmbH & Co KG gehe das BFG davon aus, dass eine bindende Vereinbarung auch nicht mündlich getroffen worden sei. Zudem lasse selbst das Vorbringen der Revisionswerberin das Nichtvorhandensein einer bindenden Vereinbarung erkennen, wenn darin ein Herausgabeanspruch der T-Holding GmbH relativiert werde („eventuell bereits Herausgabeanspruch“ im Schreiben vom 9. Februar 2011 bzw „gleichsam schon einen ‚Herausgabeanspruch‘“ im Berufungsschreiben).
Eine derartige einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rsp entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel.
Dass der letztliche Erwerb der B GmbH durch die T-Holding GmbH „die eigentliche wirtschaftliche Intention“ in der Gestaltung der Konzernbeziehungen und die gewünschte Zielstruktur gewesen sei und dass der vorgelagerte Erwerb durch eine andere Konzerngesellschaft wirtschaftlich notwendig gewesen sei, weil für den ehemaligen Gesellschafter der B GmbH ein Verkauf sonst nicht in Frage gekommen wäre, reicht im Übrigen für die Begründung von wirtschaftlichem Eigentum nicht aus. Mit dem Vorbringen, im Rahmen einer (weiteren) mündlichen Verhandlung hätte die Revisionswerberin „anhand von Zeugenaussagen von am Anteilserwerb bzw -verkauf beteiligten Personen die eigentliche wirtschaftliche Intention bzw Notwendigkeit der gewählten Vorgehensweise glaubhaft machen können“, vermag die Revisionswerberin daher schon insofern keinen relevanten Verfahrensfehler aufzuzeigen. Dass die (von der M GmbH beherrschte) T-Holding GmbH demgegenüber etwa bereits mit dem Erwerb der Anteile durch die M GmbH in positiver wie negativer Hinsicht Verfügungsgewalt über die Anteile gleich einem rechtlichen Eigentümer gehabt hätte, behauptet auch die Revision nicht.