16.08.2020 Arbeitsrecht

VwGH: Zur Frage, welcher zeitliche Abstand zwischen der Einberufung zur ersten (konstituierenden) Sitzung und der Abhaltung dieser ersten Sitzung eines neu gewählten Zentralwahlausschusses liegen darf, ohne dass Säumigkeit des Einberufenden iSd § 16 Abs 6 PVG iVm § 18 Abs 2 PVG vorliegt

Während durch die PVG-Novelle 1975 zur Beseitigung der zunächst bestehenden Unklarheit, ob die in § 22 Abs 1 PVG vorerst bloß vorgesehene Frist von drei Wochen nur für die Einberufung gelte, oder auch die konstituierende Sitzung innerhalb dieser Frist stattfinden müsse, und um zu gewährleisten, dass der Sitzungstermin innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Verlautbarung des Wahlergebnisses liegt, in diese Bestimmung eine Frist von acht Wochen für die Abhaltung der ersten Sitzung eingefügt wurde, erfolgte - bei gleicher Ausgangslage - eine Befristung für die Abhaltung der ersten Sitzung der Wahlausschüsse nicht, dem Gesetzgeber war somit sowohl das Problem der Normierung bloß einer Einberufungsfrist und die Notwendigkeit der Abhaltung der ersten Sitzung in angemessener Frist bewusst; wenn er dennoch für die Wahlausschüsse keine bestimmte Frist für die Abhaltung der konstituierenden Sitzung normierte, spricht dies jedenfalls nicht gegen die Annahme, dass hier keine echte, mit einem Größenschluss zu füllende Gesetzeslücke vorläge


Schlagworte: Personalvertretung, neu gewählter Zentralwahlausschuss, Einberufung und Abhaltung der Sitzung, Säumigkeit
Gesetze:

 

§ 16 PVG, § 22 PVG, § 18 PVG

 

GZ Ra 2019/09/0157, 25.06.2020

 

VwGH: Während § 22 Abs 1 erster Satz PVG für die erste Sitzung eines Dienststellenausschusses vorsieht, dass dieser von seinem an Lebensjahren ältesten Mitglied spätestens drei Wochen nach der Verlautbarung des Wahlergebnisses für einen Sitzungstermin spätestens acht Wochen nach der Verlautbarung des Wahlergebnisses einzuberufen ist, wird für die konstituierende Sitzung des nach § 18 Abs 1 PVG zu bildenden Zentralwahlausschusses eine Frist für die Abhaltung der ersten Sitzung nicht normiert. So ordnet der auf den Zentralwahlausschuss nach § 18 Abs 2 PVG sinngemäß anzuwendende § 16 Abs 6 PVG für die Wahlausschüsse eine sinngemäße Anwendung von § 22 Abs 2 bis 4 PVG mit der Maßgabe an, dass die erste Sitzung von dem an Lebensjahren ältesten Mitglied - im Falle der Verhinderung oder Säumigkeit dieses Mitgliedes vom jeweils nächstältesten Mitglied - spätestens zwei Wochen nach der Bestellung des Wahlausschusses einzuberufen ist. Eine konkrete Frist für die Abhaltung der ersten Sitzung des Zentralwahlausschusses ist nicht festgelegt. Überdies normiert § 16 Abs 4 PVG eine sinngemäße Anwendung lediglich der letzten drei Sätze des § 22 Abs 1 PVG; somit gerade nicht des ersten Satzes, der eine Frist für die Einberufung und Abhaltung der ersten Sitzung des Dienststellenausschusses vorsieht.

 

Selbst wenn eine Säumigkeit im hier zu beurteilenden Fall - wie vom VwG geprüft und verneint - auch in einer verspäteten Abhaltung der ersten Sitzung eines Wahlausschusses gelegen sein könnte, und abgesehen davon, dass in der Zulässigkeitsbegründung hiezu ein konkretes Vorbringen nicht erstattet wird, wäre vor einer Herleitung der fehlenden Frist zur Abhaltung der ersten Sitzung mittels eines Größenschlusses aus § 22 Abs 1 erster Satz PVG - wie dies im behördlichen Bescheid argumentiert wurde - zudem das Folgende zu beachten:

 

Die analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften zur Lückenfüllung setzt nach der Rsp des VwGH das Bestehen einer echten (planwidrigen) Gesetzeslücke voraus. Eine solche Lücke ist nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen.

 

Während nun durch die PVG-Novelle 1975 zur Beseitigung der zunächst bestehenden Unklarheit, ob die in § 22 Abs 1 PVG vorerst bloß vorgesehene Frist von drei Wochen nur für die Einberufung gelte, oder auch die konstituierende Sitzung innerhalb dieser Frist stattfinden müsse, und um zu gewährleisten, dass der Sitzungstermin innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Verlautbarung des Wahlergebnisses liegt, in diese Bestimmung eine Frist von acht Wochen für die Abhaltung der ersten Sitzung eingefügt wurde, erfolgte - bei gleicher Ausgangslage - eine Befristung für die Abhaltung der ersten Sitzung der Wahlausschüsse nicht. Dem Gesetzgeber war somit sowohl das Problem der Normierung bloß einer Einberufungsfrist und die Notwendigkeit der Abhaltung der ersten Sitzung in angemessener Frist bewusst. Wenn er dennoch für die Wahlausschüsse keine bestimmte Frist für die Abhaltung der konstituierenden Sitzung normierte, spricht dies jedenfalls nicht gegen die Annahme, dass hier keine echte, mit einem Größenschluss zu füllende Gesetzeslücke vorläge.

 

Es ist daher nicht von vornherein von der Hand zu weisen, wenn das VwG im Einzelfall beurteilte, ob dem Mitbeteiligten als dem an Lebensjahren ältesten Mitglied bei der Anberaumung der ersten Sitzung des Zentralwahlausschusses Säumnis vorzuwerfen war.

 

Eine solche Einzelfallbeurteilung - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung - wirft jedoch nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn die Beurteilung des VwG in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre. Dies wird im Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht dargelegt, tritt diese den Argumenten des VwG doch nicht argumentativ entgegen. So wird insbesondere nicht aufgezeigt, dass die Wahrnehmung einer dem Zentralwahlausschuss nach seiner Konstituierung zukommende Aufgabe (siehe § 20 Abs 1, § 21 Abs 6, § 26 Abs 4 und § 27 Abs 4 PVG), eine frühere Abhaltung der ersten Sitzung erfordert hätte.