VwGH: Entziehung der Lenkberechtigung iZm Sexualstraftaten
Es ist nicht maßgeblich, ob die in § 7 Abs 3 Z 8 (vormals § 7 Abs 4 Z 2) FSG genannten strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung iZm der Inbetriebnahme eines Kfz begangen werden, weil derartige Straftaten typischerweise durch die Verwendung von Kfz wesentlich erleichtert werden; das Argument des VwG, der Betroffene habe sämtliche Straftaten ausschließlich über das Internet begangen und es sei nicht davon auszugehen, dass er beim Benutzen seines Kfz strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung über das Internet begehen werde, ist von vornherein verfehlt; für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs 1 Z 2 FSG kommt es nicht auf bestimmte Umstände oder gar Örtlichkeiten der Begehung (zB Internet) der in dieser Bestimmung angesprochenen schweren strafbaren Handlungen an, sondern ausschließlich darauf, ob aufgrund einer bestimmten Tatsache (und deren Wertung) anzunehmen ist, der Betreffende werde sich solcher schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, deren Begehung - objektiv betrachtet - durch die Verwendung eines Kfz erleichtert wird
§ 24 FSG, § 7 FSG, § 3 FSG, § 202 StGB, § 206 StGB, § 207 StGB, § 207a StGB, § 208 StGB, § 208a StGB
GZ Ro 2020/11/0003, 23.06.2020
VwGH: Angesichts der vom Mitbeteiligten begangenen Taten war die belBeh, jedenfalls soweit die Tatbestände der §§ 202, 206 und 207 StGB erfüllt waren, zu Recht davon ausgegangen, dass eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs 3 Z 8 FSG vorliegt.
Wie der VwGH bereits in zahlreichen Erkenntnissen ausgesprochen hat, ist es nicht maßgeblich, ob die in § 7 Abs 3 Z 8 (vormals § 7 Abs 4 Z 2) FSG genannten strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung iZm der Inbetriebnahme eines Kfz begangen werden, weil derartige Straftaten typischerweise durch die Verwendung von Kfz wesentlich erleichtert werden.
Das Argument des VwG, der Mitbeteiligte habe sämtliche Straftaten ausschließlich über das Internet begangen und es sei nicht davon auszugehen, dass er beim Benutzen seines Kfz strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung über das Internet begehen werde, ist von vornherein verfehlt. Für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs 1 Z 2 FSG kommt es nicht auf bestimmte Umstände oder gar Örtlichkeiten der Begehung (zB Internet) der in dieser Bestimmung angesprochenen schweren strafbaren Handlungen an, sondern ausschließlich darauf, ob aufgrund einer bestimmten Tatsache (und deren Wertung) anzunehmen ist, der Betreffende werde sich solcher schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, deren Begehung - objektiv betrachtet - durch die Verwendung eines Kfz erleichtert wird. Dass das bei den im Revisionsfall begangenen schweren Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung der Fall ist, ergibt sich aus der oben zitierten hg Rsp.
Entgegen der Annahme des VwG ähnelt der Revisionsfall auch nicht dem dem hg Erkenntnis vom 26. April 2018, Ro 2018/11/0004, zugrundeliegenden. Von diesem unterscheidet er sich schon dadurch, dass der Mitbeteiligte nicht nur strafbare Handlungen nach § 207a StGB, sondern auch nach den von § 7 Abs 3 Z 8 FSG ausdrücklich umfassten §§ 202, 206 und 207 StGB begangen hat.
Im zitierten Erkenntnis hat der VwGH ausgesprochen, dass Übertretungen des § 207a StGB keine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs 1 FSG darstellen, und dazu folgendes ausgeführt:
„Ungeachtet des demonstrativen Charakters der Aufzählung der strafbaren Handlungen in § 7 Abs 3 FSG, die jedenfalls eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs 1 FSG bilden, muss nach den bisherigen Darlegungen aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber seit der Stammfassung des FSG den damals bereits bekannten und durch zahlreiche Novellen ‚verschärften‘ § 207a StGB nicht in die Aufzählung von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung in die Z 8 aufgenommen hat, gefolgert werden, dass er die von § 207a StGB erfassten strafbaren Handlungen - zumindest in Bezug auf die hier einzig maßgebliche Verkehrszuverlässigkeit - als den aufgezählten nicht vergleichbar schwerwiegend angesehen hat (vgl in diesem Zusammenhang VwGH 26.2.2002, 2001/11/0379, und 14.9.2004, 2004/11/0134, wo ausgeführt wurde, dass der Gesetzgeber mit der Nichtaufnahme des § 107 StGB in die demonstrative Aufzählung des § 7 Abs 3 FSG zu erkennen gegeben hat, dass iZm der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit derartigen Delikten nicht der gleiche Stellenwert zukommt wie der vorsätzlichen Körperverletzung).“
Der VwGH legte dar, warum trotz des bloß demonstrativen Charakters der Aufzählung in § 7 Abs 3 FSG nicht angenommen werden kann, dass § 7 Abs 3 Z 8 FSG auch strafbare Handlungen nach dem dort nicht genannten § 207a StGB umfasst.
Hingegen zielt die Argumentation des VwG im Revisionsfall darauf ab, ausdrücklich von § 7 Abs 3 Z 8 FSG umfasste und vom Mitbeteiligten begangene strafbare Handlungen nach den §§ 202, 206 und 207 StGB im Hinblick auf die Verkehrszuverlässigkeit als unmaßgeblich zu betrachten, weil dies auf § 207a StGB zutrifft. Damit verkennt das VwG die Rechtslage.