04.08.2020 Verfahrensrecht

OGH: Zum Heimfälligkeitsverfahren

Die Bestellung eines Verlassenschaftskurators ist keine materielle Voraussetzung für die Übergabe des Nachlasses an die Finanzprokuratur


Schlagworte: Außerstreitverfahren, Verlassenschaftsverfahren, erblose Verlassenschaft, Aneignung durch den Bund, Heimfallsrecht, Heimfälligkeitsverfahren, Inventar, Bestellung eines Verlassenschaftskurators
Gesetze:

 

§ 157 AußStrG, § 178 AußStrG, § 184 AußStrG, § 750 ABGB

 

GZ 2 Ob 46/20h, 26.05.2020

 

OGH: Nach dem Wortlaut des § 184 AußStrG und des § 750 ABGB eignet sich der Bund „die Verlassenschaft“ an, dies mit Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge (Heimfallsrecht). Eine Anordnung, der Finanzprokuratur den Nachlass lediglich in Form eines realisierten Geldbetrags zu übergeben, ist dem AußStrG nicht zu entnehmen. Ein Anspruch des Bundes auf Realisierung des Nachlasses könnte lediglich insoweit bestehen, als dies zur Beurteilung erforderlich ist, ob überhaupt ein reiner Nachlass vorhanden ist. Dadurch soll dem Fiskus eine Entscheidung über die Aneignung des erblosen Nachlasses ermöglicht werden.

 

Das Verfahren zur Übergabe des Nachlasses an die Finanzprokuratur ist in § 184 AußStrG geregelt: Gem § 184 Abs 1 AußStrG ist die Verlassenschaft nach Ablauf der nach § 157 Abs 2 AußStrG gesetzten Frist und Errichtung des Inventars, soweit sie sich der Bund aneignet, auf Antrag der Finanzprokuratur zu übergeben. Auf ihren Antrag ist auch, wenn dies bisher unterblieben ist, eine Schätzung von Vermögensgegenständen vorzunehmen. Nach § 184 Abs 2 AußStrG hat der Übergabebeschluss sinngem die nach § 178 AußStrG erforderlichen Angaben zu enthalten. Vor Fassung dieses Beschlusses ist das Inventar jenen Personen zuzustellen, die zur Abgabe einer Erbantrittserklärung aufgefordert worden waren, aber nur einen Antrag auf Zustellung des Inventars gestellt haben.

 

§ 157 Abs 4 AußStrG sieht vor, dass zur Vorbereitung des Verfahrens nach § 184 AußStrG ein Verlassenschaftskurator zu bestellen ist, sofern ein solcher nicht schon aus anderen Gründen bestellt wurde. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung dient die Bestellung des Verlassenschaftskurators lediglich dem Zweck, die Übergabe nach § 184 AußStrG vorzubereiten. Sind dazu keine Tätigkeiten eines Kurators erforderlich, wäre eine dennoch erfolgte Bestellung zwecklos. Die Bestellung eines Verlassenschaftskurators ist keine materielle Voraussetzung für die Übergabe des Nachlasses an die Finanzprokuratur.