07.07.2020 Zivilrecht

OGH: §§ 364, 364a ABGB – Schattenwurf eines (geplanten und bereits bewilligten) Bauwerks

Die Beurteilung, dass der Schattenwurf (und der damit einhergehende Wärmeentzug) des geplanten Bauwerks keine Immission iSd § 364 ABGB ist und eine analoge Anwendung des § 364a ABGB mangels planwidriger Gesetzeslücke, nicht in Betracht kommt, begegnet keinen Bedenken


Schlagworte: Nachbarrecht, Immissionen, Schattenwurf eines (geplanten und bereits bewilligten) Bauwerks, Wärmeentzug, behördlich genehmigte Anlage
Gesetze:

 

§ 364 ABGB, § 364a ABGB

 

GZ 1 Ob 37/20b, 16.04.2020

 

OGH: Die Kläger stellen – zu Recht – nicht in Frage, dass ein Mehrfamilienhaus keine „behördlich genehmigte Anlage“ nach § 364a ABGB ist.

 

Bereits mehrfach hat der OGH ausgesprochen, dass das Untersagungsrecht des Eigentümers eines Grundstücks gegenüber seinen Nachbarn in Bezug auf die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche (soweit sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen) nicht auch Schattenwerfen oder den Entzug der erwärmenden Kraft der Sonne und ihres Lichts durch Bauwerke umfasst. Einer möglichen Auslegung der Bestimmung des § 364 ABGB dahin, dass von der Wendung „und ähnliche“ in Abs 2 auch der durch behördlich bewilligte Bauwerke verursachte Entzug von Licht oder Luft umfasst sein könnte, wurde mit dem ZivRÄG 2004 ganz eindeutig der Boden entzogen. Seither kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn unter bestimmten Voraussetzungen (einerseits auch) Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft untersagen, (andererseits aber nur jene) die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehen (§ 364 Abs 3 ABGB). In den Gesetzesmaterialien wird dazu ausdrücklich erläutert, dass der im Begutachtungsentwurf noch enthaltene Vorschlag zu einer Regelung (auch) der negativen Immissionen durch Bauwerke (nach dem Vorschlag sollte zwar die Unterlassungsklage nicht statthaft sein, jedoch dem beeinträchtigten Nachbar im Fall ortsunüblicher und wesentlicher Beeinträchtigungen ein Anspruch auf Entschädigung nach § 364a ABGB zustehen) nicht übernommen wurde. Weil die Einhaltung der Abstandsvorschriften in den öffentlich-rechtlichen Bauordnungen in allen Bauordnungen als subjektiv-öffentliches Nachbarrecht gewährleistet sei, sei es nicht geboten, dem Nachbarn neben diesen öffentlich-rechtlichen Rechten auch noch privatrechtliche Ansprüche einzuräumen. Der Vorwurf einer fehlenden sachlichen Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung negativer Immissionen durch Bauwerke und durch Pflanzen sei vor dem Hintergrund der gänzlich unterschiedlich gelagerten Sach- und Rechtslage „nicht stichhaltig“. Die Beeinträchtigung durch negative, von Bauwerken verursachte Immissionen sollte nach dem klaren Willen des Gesetzgebers „also nicht zu zivilrechtlichen Ansprüchen führen können, und zwar auch nicht zu verschuldensunabhängigen Entschädigungsansprüchen nach § 364a ABGB“.

 

Die auf diese Rsp (unter Hinweis auch auf das ZivRÄG 2004 samt Gesetzesmaterialien) gestützte Beurteilung beider Vorinstanzen, dass der Schattenwurf (und der damit einhergehende Wärmeentzug) des geplanten Bauwerks keine Immission iSd § 364 ABGB ist und eine analoge Anwendung des § 364a ABGB mangels planwidriger Gesetzeslücke, nicht in Betracht kommt, begegnet demnach keinen Bedenken. Dies können die Revisionswerber mit ihrem Verweis auf (abgesehen von einer Ausnahme) vor dem ZivRÄG 2004 verfasste Beiträge aus der Lehre nicht erschüttern, umso weniger, als sie auf die durch diese Novelle veränderte Gesetzeslage an keiner Stelle ihres Rechtsmittels eingehen. In dem von ihnen zitierten Beschluss zu 8 Ob 95/11w (der nach dem ZivRÄG 2004 ergangen ist), ging es nicht um ein mit dem bewilligten Bauvorhaben vergleichbares Projekt, sondern um ein Windrad, bei dessen Betriebsgenehmigung die damalige Klägerin im Verwaltungsverfahren übergangen worden war.

 

Weder fehlt also Rsp des OGH zu Ansprüchen aufgrund von Schattenwurf eines Bauwerks, noch ist sie – wie die Revisionswerber allerdings unter bloßem Hinweis auf „andere Erkenntnisse in Verwaltungsverfahren“ oder Entscheidungen des deutschen BGH behaupten – uneinheitlich.