09.06.2020 Verfahrensrecht

OGH: Zur Titelergänzungsklage iSd § 10 EO

§ 10 EO ist insofern einschränkend auszulegen, als eine Titelergänzung nicht zulässig ist, wenn Art oder Umfang der geschuldeten Leistung völlig unklar ist; die von den Revisionswerbern kritisierte Differenzierung zwischen „unbestimmt“ und „völlig unbestimmt“ ist daher so zu verstehen, dass der Inhalt eines „völlig unbestimmten“ Titels nicht einmal bestimmbar – und damit der Titelergänzung nicht zugänglich – ist


Schlagworte: Exekutionsverfahren, Titelergänzungsklage, Mängel eines Titels, völlig unbestimmt
Gesetze:

 

§ 10 EO, § 7 EO

 

GZ 3 Ob 1/20y, 26.02.2020

 

OGH: Die Klage nach § 10 EO dient dem Nachweis bestimmter Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen für einen bereits vorhandenen Exekutionstitel, nicht aber der Schaffung eines neuen Titels.

 

Das der Titelergänzungsklage stattgebende Urteil dient also nur der ergänzenden Bestimmung des Vollstreckungsanspruchs. Seit Aufnahme des Verweises auf § 7 Abs 1 EO durch die EO-Novelle 1991 ist auch die Sanierung eines unbestimmten, also § 7 Abs 1 EO nicht entsprechenden und damit mit inhaltlichen Mängeln behafteten Exekutionstitels mittels Titelergänzungsklage möglich. Da nunmehr eine Sanierung von inhaltlichen Mängeln des Exekutionstitels möglich ist, kann auch die mangelnde örtliche und inhaltliche Determinierung jener Maßnahmen, die die beklagte Partei aufgrund des Exekutionstitels zu ergreifen hat, durch Titelergänzungsklage nach § 10 EO saniert werden.

 

Auch im Fall eines in dieser Form für sich allein nicht exekutionsfähigen Titels darf allerdings nicht im Wege der Titelergänzung ein neuer Exekutionstitel geschaffen werden, sondern es sollen nur Mängel eines Titels, der den Erfordernissen des § 7 Abs 1 EO nicht entspricht, behoben werden. Mit anderen Worten muss sich der Anspruch bereits aus dem bestehenden Exekutionstitel ergeben und es darf lediglich notwendig sein, den Vollstreckungsanspruch für diesen Anspruch festzustellen. Die Titelergänzung ist deshalb nur dann zulässig, wenn der Titel nicht völlig unbestimmt ist, sondern lediglich in den fraglichen Punkten des Berechtigten, des Verpflichteten und/oder der geschuldeten Leistung zwar nicht den strengen Anforderungen des § 7 Abs 1 EO an die Bestimmtheit entspricht, aber doch solche Angaben enthält, dass das nach Auslegung des Titels unzweifelhaft Gemeinte durch ergänzende Hilfsmittel ausreichend bestimmt formuliert werden kann; er muss also jedenfalls bestimmbar sein. § 10 EO ist somit insofern einschränkend auszulegen, als eine Titelergänzung nicht zulässig ist, wenn Art oder Umfang der geschuldeten Leistung völlig unklar ist. Die von den Revisionswerbern kritisierte Differenzierung zwischen „unbestimmt“ und „völlig unbestimmt“ ist daher so zu verstehen, dass der Inhalt eines „völlig unbestimmten“ Titels nicht einmal bestimmbar – und damit der Titelergänzung nicht zugänglich – ist.