OGH: Zur „Weisung“ iSd § 9 EKEG
Bei einer downstream-Kreditvergabe kommt für das Vorliegen einer Weisung der Anscheinsbeweis nicht zur Anwendung, weil (hier) die kreditgebende Gesellschaft selbst mittelbar mehrheitlich an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist
§ 9 EKEG, § 14 EKEG
GZ 6 Ob 154/19v, 23.04.2020
OGH: Hinsichtlich des Begriffs der Weisung besteht in der Lit Einigkeit darüber, dass dieser weit auszulegen ist. Sie muss auch nicht rechtsverbindlich sein. Das weite Verständnis gründet darauf, dass die Notwendigkeit erkannt wird, die in Konzernen üblichen „subtileren Formen der Einflussnahme“ zu erfassen. Würde auf eine förmliche Weisung abgestellt, wäre die Bestimmung kaum je anwendbar.
Entscheidend ist, dass die weisungsgebende Gesellschaft von ihrer Lenkungsmöglichkeit, die sie aufgrund der (mittelbar) kontrollierenden Beteiligung hat, Gebrauch macht. Auch eine „sonstige Veranlassung“ ist erfasst. Es muss ein entsprechender Wunsch oder ein Verlangen (unabhängig von der Bezeichnung, etwa als Richtlinie, Anregung oder Vorschlag) der Konzernspitze erkennbar sein, die den Handlungsspielraum der Gesellschaft einengt; die übergeordnete Konzerngesellschaft muss unmissverständlich zu erkennen geben, dass sie die Kreditgewährung wünscht. Entscheidend ist demnach die faktische Verbindlichkeit iSd vom gemeinsamen Gesellschafter gewollten Einengung des Handlungsspielraums der Organe. Faktische Weisungen sind ausreichend. Die bloße Billigung der Kreditgewährung wird hingegen als nicht ausreichend angesehen. Inhaltlich muss sich die Weisung auf die Kreditgewährung beziehen; allerdings wird auch eine generelle Weisung - etwa bei Einrichtung eines zentralen Cash-Management - als ausreichend angesehen.
Die Beweislast für das Vorliegen einer Weisung trifft bei der vorliegenden downstream-Kreditvergabe den Kläger. Dieser kann sich im vorliegenden Fall nicht auf die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises stützen, weil hier die kreditgebende Gesellschaft selbst mittelbar mehrheitlich an der kreditnehmenden Gesellschaft beteiligt ist. In einer solchen Konstellation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Kreditgewährung an die in der Krise befindliche Tochter erfahrungsgemäß nur auf Weisung der übergeordneten Konzerngesellschaft erfolgt wäre. Es fehlt daher an dem für den Anscheinsbeweis vorausgesetzten typischen Geschehensablauf.