02.06.2020 Wirtschaftsrecht

OGH: Verein – zur Anfechtung von Disziplinarstrafen (Profifußballer)

Auch im Fall einer Person, die zwar nicht Mitglied des Vereins ist, sich dessen Reglement aber vertraglich unterworfen hat, muss die Rsp zur vollen Überprüfbarkeit von Vereinsbeschlüssen und verhängten Disziplinarstrafen zur Anwendung kommen


Schlagworte: Vereinsrecht, Vereinsschiedsgericht, Zulässigkeit des Rechtswegs, Anfechtung von Beschlüssen, Disziplinarstrafe, Nichtmitglieder des Vereins, Profifußballer
Gesetze:

 

§ 8 VerG, § 1 JN, § 581 ZPO

 

GZ 8 Ob 128/19k, 27.02.2020

 

OGH: Im Falle einer vereinbarten obligatorischen Schlichtung kann die Partei nach der Rsp den Rechtsweg nur dann beschreiten, wenn sie die Schlichtungsstelle nicht nur angerufen hat, sondern auch an Versuchen zu einer gütlichen Einigung teilnimmt und vor Klagseinbringung alle in der vereinbarten Schlichtungsklausel vorgesehenen Verfahrensschritte einhält. Vor Klagseinbringung ist daher die Entscheidung der Schlichtungseinrichtung im zumutbaren (zeitlichen) Umfang abzuwarten. Wenngleich hier eine unmittelbare oder auch analoge Anwendung des § 8 VerG nicht in Betracht kommt, weil kein gesetzlich festgelegtes oder vorgeschriebenes Verfahren vorliegt, sondern ausschließlich vertragliche Vereinbarungen, bietet diese (eine Frist von 6 Monaten vorsehende) Bestimmung doch - unter dem Aspekt des § 879 ABGB - einen gewissen Wertungsgesichtspunkt dafür, wann der Gesetzgeber eine unzumutbare Verzögerung der Rechtsverfolgung annimmt.

 

Dem Kläger kann damit nicht angelastet werden, den verbandsinternen „Rechtsweg“ vor Anrufung des ordentlichen Gerichts nicht ausgeschöpft zu haben, da bereits aufgrund der zeitlichen Dimension (fast 3 Jahre) dem Kläger die abermalige Anrufung des Protestkomitees nicht zumutbar war. Damit kann die Klage nicht wegen Nichtausschöpfung des verbandsinternen Instanzenzuges abgewiesen werden.

 

Soweit ein Verein die Mitglieder berührende Entscheidungen und Verfügungen trifft, geschieht dies im Rahmen des durch Vereinsstatut und Beitrittserklärung begründeten Privatrechtsverhältnisses zwischen dem Verein und den Mitgliedern. Wenn diese Entscheidungen und Verfügungen des Vereins in Privatrechte seiner Mitglieder eingreifen, unterliegen sie der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte darauf, ob sie in formeller und materieller Hinsicht den Vereinsstatuten und den allgemeinen Vorschriften zwingenden Rechts entsprechen. Dies gilt gleichermaßen für Vereinsbeschlüsse wie für verhängte Disziplinarstrafen, wozu auch „Sperren“ zählen.

 

Auch im Fall einer Person (wie des hier klagenden Profifußballers), die zwar nicht Mitglied des Vereins ist, sich dessen Reglement aber vertraglich unterworfen hat, muss die Rsp zur vollen Überprüfbarkeit von Vereinsbeschlüssen und verhängten Disziplinarstrafen zur Anwendung kommen. Hierfür spricht nicht zuletzt im vorliegenden Fall, dass die Beklagte, obgleich ihr keine Fußballer als Vereinsmitglieder angehören, selbst in ihrem Reglement davon ausgeht, die Disziplinargewalt über diese zu besitzen.