26.05.2020 Verfahrensrecht

OGH: Zur EuZVO

Das „wie“ der Auslandszustellung und die Frage nach ihrer Rechtswirksamkeit sind nach dem Zustellrecht des Empfangsstaats zu beurteilen; danach richtet sich, auf welche Weise (Ersatzzustellung, Zustellung durch Hinterlegung), an welchem Ort (Abgabestelle) und durch wen (Zustellorgan) das Schriftstück zuzustellen ist


Schlagworte: Europäisches Verfahrensrecht, Zustellrecht, Auslandszustellung, Zustellung durch die Post, internationaler Rückschein, Recht des Zustellortes
Gesetze:

 

Art 14 EuZVO, §§ 181 f dZPO

 

GZ 8 Ob 123/19z, 27.02.2020

 

OGH: Art 14 EuZVO sieht vor, dass es jedem Mitgliedstaat frei steht, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen. Die EuZVO sieht verschiedene - in ihr geregelte - Arten der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke abschließend vor, ohne jedoch eine Rangordnung zwischen ihnen aufzustellen. Zu diesen Übermittlungsarten gehöre diejenige durch Postdienste. Die VO sieht in Art 14 vor, dass die durch Postdienste erfolgende Zustellung eines gerichtlichen Schriftstücks an eine Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich per Einschreiben mit Rückschein bewirkt wird.

 

Das Unionsrecht sieht in Förmlichkeiten (wie dem Rückschein) eine Garantie für den Empfänger, dass er die eingeschriebene Sendung mit dem zuzustellenden Schriftstück tatsächlich erhält, und einen verlässlichen Beweis für den Absender, dass das Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist. Der Rückschein, der ausgefüllt wird, wenn der Empfänger oder gegebenenfalls sein Vertreter das Schreiben erhält, trägt die Angaben zur Übergabezeit, zum Übergabeort und zu den Personalien der das Schreiben in Empfang nehmenden Person sowie deren Unterschrift. Er wird sodann an den Absender zurückgesandt, womit dieser Kenntnis von diesen Einzelheiten erhält und sie im Bestreitungsfall beweisen kann. Wenn die VO in Art 14 auch die Möglichkeit des Nachweises mit „gleichwertigen Beleg“ vorsieht, muss die alternative Art der Übermittlung des Schriftstücks sowohl hinsichtlich des Erhalts des Schriftstücks durch seinen Empfänger als auch der Umstände des Erhalts das gleiche Maß an Gewissheit und Verlässlichkeit aufweisen wie ein Einschreiben mit Rückschein.

 

Nach der Rsp des EuGH ist von einer Gleichrangigkeit für das Verhältnis zwischen Zustellung im direkten Behördenverkehr und der Postzustellung auszugehen. Das „wie“ der Auslandszustellung und die Frage nach ihrer Rechtswirksamkeit sind dabei grundsätzlich nach dem Zustellrecht des Empfangsstaats zu beurteilen. Danach richtet sich, auf welche Weise (Ersatzzustellung, Zustellung durch Hinterlegung), an welchem Ort (Abgabestelle) und durch wen (Zustellorgan) das Schriftstück zuzustellen ist.