14.04.2020 Verfahrensrecht

OGH: Wiederaufnahmeklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO iZm unklarem Gutachten?

Nach Lage des Vorverfahrens wäre es dem Kläger freigestanden und wäre von ihm auch aufgrund der mit dem Ergänzungsgutachten erfolgten „Korrektur“ zu erwarten gewesen, auf eine schriftliche oder mündliche Aufklärung und Erläuterung gem § 357 Abs 2 ZPO zu dringen und erforderlichenfalls an den Sachverständigen im Rahmen einer Tagsatzung gem § 289 Abs 1 Satz 1 HalbS 2 ZPO entsprechende Fragen zu stellen bzw vom Gericht stellen zu lassen; es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn dieses die Unterlassung des Klägers, vom Sachverständigen eine Aufklärung und Erläuterung seines Gutachtens zu verlangen, als nicht im Wege einer Wiederaufnahme sanierbar qualifiziert


Schlagworte: Wiederaufnahme, neue Tatsachen / Beweismittel, unklares Gutachten
Gesetze:

 

§ 530 ZPO

 

GZ 9 Ob 3/20m, 22.01.2020

 

OGH: Sinn und Zweck der Wiederaufnahmeklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist es, eine unrichtige Tatsachengrundlage des mit der Wiederaufnahmeklage bekämpften Urteils zu beseitigen, nicht aber, Fehler der Partei bei der Führung des Vorprozesses zu korrigieren. Ob der Wiederaufnahmekläger die nach § 530 Abs 2 ZPO iVm § 1297 ABGB zumutbare Sorgfalt angewendet hat, wofür er behauptungs- und beweispflichtig ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

 

Das Gutachten des Sachverständigen vom 7. 1. 2013 war hinsichtlich der Frage der Kausalität in mehrerer Hinsicht unklar. Hinsichtlich der Bodenverhältnisse verwies der Sachverständige nicht auf eine objektive Untersuchung, sondern dass „laut“ einem Familienmitglied der Beklagten bei der seinerzeitigen Errichtung ihres Objekts eine in Hangneigung verlaufende Schiefergesteinslage mit einer ca 2 m mächtigen Überlagerung mit Erd- und Schottermaterial vorgefunden worden sei. Es sei davon auszugehen, dass die Schadensursache im Bereich der geologischen Bodenverhältnisse „zu suchen“ sei, und „möglicherweise“ sei durch die Bauführung des Klägers die vorhandene Hanglage zumindest zum Teil entstabilisiert und seien dadurch die Schäden hervorgerufen worden. Mit Grund drängte daher die Beklagte im Vorverfahren auf eine diesbezügliche Präzisierung. Diese nahm der Sachverständige nur insofern vor, als er in seinem Ergänzungsgutachten sein Gutachten dahin „ergänzte bzw berichtigte“, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die Bauführung des Klägers die vorhandene Hanglage zum Teil entstabilisiert und dass dadurch die Schäden am Objekt der Beklagten hervorgerufen worden seien. Was dieser „Ergänzung bzw Berichtigung“ zugrunde lag, führte der Sachverständige aber nicht aus. Weiterhin blieb auch im Dunkeln, warum er sich hinsichtlich der Bodenverhältnisse mit der Mitteilung eines Familienmitglieds der Beklagten begnügte und was er damit meinte, es wäre „davon auszugehen“, dass die Schadensursache im Bereich der geologischen Bodenverhältnisse „zu suchen“ sei.

 

Nach Lage des Vorverfahrens wäre es daher dem Kläger freigestanden und wäre von ihm auch aufgrund der mit dem Ergänzungsgutachten erfolgten „Korrektur“ zu erwarten gewesen, auf eine schriftliche oder mündliche Aufklärung und Erläuterung all dessen gem § 357 Abs 2 ZPO zu dringen und erforderlichenfalls an den Sachverständigen im Rahmen einer Tagsatzung gem § 289 Abs 1 Satz 1 HalbS 2 ZPO entsprechende Fragen zu stellen bzw vom Gericht stellen zu lassen. Der Kläger machte von all dem keinen Gebrauch. Es hält sich im Beurteilungsspielraum des Berufungsgerichts, wenn dieses die Unterlassung des Klägers, vom Sachverständigen eine Aufklärung und Erläuterung seines Gutachtens zu verlangen, als nicht im Wege einer Wiederaufnahme sanierbar qualifiziert.