31.03.2020 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Wirkung der Verschmelzung auf Wiederkaufsrechte

Mit der Verschmelzung findet keine Übertragung des Wiederkaufsrechts an einen von der berechtigten Gesellschaft verschiedenen Dritten iSd § 1070 ABGB statt


Schlagworte: Wiederkaufsrecht, Einverleibung ins Grundbuch, juristische Person, AG, GmbH, Verschmelzung, Fusion, Gesamtrechtsnachfolge, Spaltung
Gesetze:

 

§§ 1068 ff ABGB, § 26 ABGB, §§ 220 ff AktG, § 96 GmbHG, § 1 SpaltG

 

GZ 1 Ob 173/19a, 21.01.2020

 

OGH: Verschmelzung (§§ 220 bis 233 AktG, § 96 GmbHG) ist die Übertragung des Vermögens einer oder mehrerer Gesellschaften (übertragende Gesellschaften) im Weg der Gesamtrechtsnachfolge unter Ausschluss der Abwicklung auf eine andere bestehende oder durch die Verschmelzung neu gegründete Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft). Mit der Verschmelzung geht das Vermögen der übertragenden Gesellschaft einschließlich der Schulden mit der Eintragung der Verschmelzung in das FB auf die übernehmende Gesellschaft über, ohne dass es eines Übertragungsakts bedürfte. Der Vermögensübergang betrifft alle Rechte und Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft, sodass bei dieser kein Vermögen zurückbleibt.

 

Die Besonderheit der Verschmelzung liegt darin, die Beendigung der juristischen Person ohne Erfordernis eines Liquidationsverfahrens herbeizuführen. Die übertragende Gesellschaft ist, wenn sie auch als selbständige juristische Person nicht mehr existiert, in der anderen juristischen Person enthalten; alle Rechte der dann vereinigten juristischen Personen sollen dabei erhalten bleiben; das schließt das Erlöschen von Rechten und Pflichten des übertragenden Rechtssubjekts aus. Die übertragende Gesellschaft wirkt damit wirtschaftlich auch nach der Verschmelzung als Einheit mit der übernehmenden Gesellschaft fort. Das ist Folge des Umstands, dass gerade keine Abwicklung der übertragenden Gesellschaft stattfindet, sodass ihr Erlöschen aufgrund dieses gesellschaftsrechtlichen Vorgangs auch nicht ihrem (endgültigen) Untergang idS, dass sie mit ihren Rechten und Pflichten aufgehört hätte zu existieren, gleich gehalten werden kann.

 

Mit der Verschmelzung findet somit keine Übertragung des Wiederkaufsrechts an einen von der berechtigten Gesellschaft verschiedenen Dritten iSd § 1070 ABGB statt; das Vermögen der übertragenden Gesellschaft geht vielmehr in der übernehmenden Gesellschaft auf, sodass ein solches Gestaltungsrecht zugunsten der dann vereinten Gesellschaft fortwirkt. Diese Form der Gesamtrechtsnachfolge kann auch nicht den Rechtsfolgen des Todes einer natürlichen Person gleich gehalten werden. Der vom historischen Gesetzgeber verfolgte Zweck des § 1070 ABGB, die übermäßig lange Beschränkung des freien Rechtsverkehrs von Liegenschaften zu unterbinden, stößt bereits mit der Einräumung dieses Rechts an juristische Personen an seine Grenzen, weil eine solche nicht zwingend ein natürliches Ende hat, sondern es im Allgemeinen der Willkür der darüber zur Entscheidung berufenen Personen überlassen ist, ein solches herbeizuführen. Das Fehlen einer zeitlichen Bindung, wie es das Lebensende einer natürlichen Person mit sich bringt, ist damit in der Natur der Sache gelegen und kann diesem Ergebnis nicht erfolgreich entgegengehalten werden.