OGH: Zum Genehmigungsvorbehalt (Erwachsenenschutzrecht)
Für einen Genehmigungsvorbehalt müssen hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr, dass dem Betroffenen ein Schaden iSd § 242 Abs 2 ABGB droht, vorliegen und er muss auf das notwendige Ausmaß beschränkt sein
§ 242 ABGB, § 258 ABGB, § 865 ABGB, § 1 ZPO
GZ 6 Ob 244/19d, 20.02.2020
OGH: § 242 Abs 2 ABGB normiert, dass, soweit dies zur Abwendung einer ernstlichen und erheblichen Gefahr für die vertretene Person erforderlich ist, das Gericht im Wirkungsbereich der gerichtlichen Erwachsenenvertretung anzuordnen hat, dass die Wirksamkeit bestimmter rechtsgeschäftlicher Handlungen der vertretenen Person oder bestimmter Verfahrenshandlungen bei Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten wie nach § 865 Abs 3 und Abs 5 ABGB die Genehmigung des Erwachsenenvertreters und in den Fällen des § 258 Abs 4 ABGB auch jene des Gerichts voraussetzt.
Ein Genehmigungsvorbehalt erfordert die ernstliche und erhebliche Gefahr für die vertretene Person. Diese Terminologie ist an § 4 Z 1 HeimAufG und § 3 Z 1 UbG angelehnt, sodass auch die dazu ergangene Rsp nutzbar gemacht werden kann, wobei im Bereich des § 242 Abs 2 ABGB aber auch auf einen bedeutenden Vermögensnachteil Bedacht zu nehmen ist. Eine ernstlich drohende Gefahr im UbG ist eine hohe Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Erheblichkeit ist die besondere Schwere des drohenden Schadens. Die beiden Kriterien stehen in einer Wechselbeziehung: Bei besonders schwerwiegenden Folgen genügt bereits eine geringere Eintrittswahrscheinlichkeit, um die Zulässigkeit der weitergehenden Einschränkungen zu bejahen, und umgekehrt.
Ein Genehmigungsvorbehalt kann mit Blick auf seinen Ausnahmecharakter erst dann angeordnet werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr vorliegen, dass der Betroffenen (im Anlassfall: in Verwaltungsverfahren) ein Schaden iSd § 242 Abs 2 ABGB droht. (Im Zivilprozesse mangelt es gem § 1 Abs 2 ZPO einer Person in jenen Verfahren, die in den Wirkungsbereich eines Erwachsenenvertreters fallen, bereits ex lege an der Prozessfähigkeit, ohne dass es eines Genehmigungsvorbehalts bedarf.)
Für die Anordnung eines Genehmigungsvorbehalts müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: Einerseits müssen hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr, dass dem Betroffenen ein Schaden iSd § 242 Abs 2 ABGB droht, vorliegen. Andererseits muss der Genehmigungsvorbehalt auf das notwendige Ausmaß beschränkt sein.