VwGH: § 74 GewO, § 77 GewO – Zurechnung der Zu- und Abfahrtswege von der Schipiste zur Betriebsanlage?
Fallbezogen sieht das VwG die Zu- und Abfahrtswege von der Schipiste als zur Betriebsanlage gehörig an, weil dieser Weg in der Betriebsbeschreibung ausdrücklich angeführt sei und seitens der Revisionswerberin ein Dokument vorgelegt worden sei, dass ihr für diesen Weg eine Servitut garantiere; die Revision tritt nun weder diesen Sachverhaltselementen entgegen noch der rechtlichen Schlussfolgerung des VwG, dass es sich bei dem Zugang über das betreffende Grundstück um einen Privatweg handle, der dem Betrieb der Revisionswerberin diene
§ 74 GewO, § 77 GewO
GZ Ra 2018/04/0121, 17.12.2019
VwGH: Der VwGH anerkennt in seiner Rsp, dass es nicht von vornherein erforderlich ist, an jedem möglichen Immissionspunkt eine entsprechende Messung durchzuführen. Es ist ausreichend, dass nach dem maßgeblichen Stand der Technik für die Lärmbeurteilung und den Immissionsschutz die relevanten repräsentativen Immissionspunkte identifiziert werden, dort gemessen und dann auf der Grundlage dieser Messungen mittels geeigneter Berechnungen die Lärmbeurteilung durchgeführt wird.
Fallbezogen führte der vom VwG beigezogene lärmtechnische Sachverständige Messungen der von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich ausgehenden und sich aus den unterschiedlichen Umgebungsgeräuschen ergebenden und auf die Nachbarschaft der Betriebsanlage einwirkenden Lärmimmissionen durch und legte das Ergebnis dieser Messungen, wie sich aus dem im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Gutachten ergibt, den Berechnungen der aus der projektierten Änderung der Betriebsanlage zu erwartenden Änderung der Lärmsituation zugrunde. Die gutachterlichen Schlussfolgerungen beruhten demnach keineswegs ausschließlich auf Berechnungen, sondern wurden auch auf die im Gutachten wiedergegebenen Messergebnisse an unterschiedlichen Immissionspunkten gestützt. Inwiefern das VwG von der ins Treffen geführten Rsp des VwGH abgewichen sein sollte, ist daher nicht ersichtlich.
Die Revision führt in ihrer Zulässigkeitsbegründung unter Verweis auf Rsp des VwGH weiter aus, das VwG verkenne, dass die Zu- und Abfahrtswege von der Schipiste zur Betriebsanlage und die von den diese Wege benützenden Personen zu erwartenden Immissionen nicht der Anlage zuzurechnen seien. Das Verhalten von Kunden und betriebsfremden Personen außerhalb der gewerblichen Betriebsanlage sei dieser nicht zuzuordnen. Insbesondere hätten Zugangswege außer Betracht zu bleiben.
Der VwGH hat sich mit der Abgrenzung von Vorgängen, die einer gewerberechtlichen Betriebsanlage zuzurechnen sind, und solchen, die auf öffentlichen Straßen stattfinden und keinen Bezug zur Betriebsanlage haben, in mehreren den Immissionsschutz von Nachbarn nach der GewO betreffenden Erkenntnissen auseinandergesetzt. Dabei gelangte er zu dem Ergebnis, dass das bloße Vorbeifahren (ebenso wie das Anhalten, Halten oder Parken) von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, auch wenn es sich um die einzige Zufahrtsstraße zur Betriebsanlage handelt, nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden könne. Als entscheidend wurde angesehen, ob die befahrene Verkehrsfläche einen Teil der gegenständlichen Betriebsanlage bildet oder als (ua) bloß der Zufahrt zu dieser Betriebsanlage dienende Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen ist. Letzterenfalls könnten verkehrsbedingte Immissionen nicht mehr der Betriebsanlage zugerechnet werden. Auch für die Beurteilung der Frage, ob die von einer Aufschließungsstraße herrührenden, insbesondere durch das Zufahren der Kunden verursachten und auf die Liegenschaft des Nachbarn einwirkenden Lärmimmissionen der Betriebsanlage zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese Aufschließungsstraße einen Teil der Betriebsanlage bildet oder als (ua) bloß der Zufahrt zu dieser Betriebsanlage dienende Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen ist. Die Vorschreibung der Anlegung einer Aufschließungsstraße in einem Bescheid als Auflage spricht für die Annahme, dass es sich dabei um einen Teil der Betriebsanlage handelt.
Der Ansicht der Revision, nach der Rsp des VwGH seien die Zufahrtswege per se der Betriebsanlage nicht zuzurechnen, ist vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rsp der Boden entzogen. In dem von der Revision hierzu ins Treffen geführten Erkenntnis vom 11. November 1998, 98/04/0137, geht der VwGH davon aus, dass "Sowohl die Parkplätze wie auch der gegenständliche Zufahrtsweg (seien) damit als Straßen mit öffentlichem Verkehr iSd StVO zu qualifizieren seien, welche von jedermann genutzt und begangen werden können".
Fallbezogen sieht das VwG die Zu- und Abfahrtswege von der Schipiste jedoch als zur Betriebsanlage gehörig an, weil dieser Weg in der Betriebsbeschreibung ausdrücklich angeführt sei und seitens der Revisionswerberin ein Dokument vorgelegt worden sei, dass ihr für diesen Weg eine Servitut garantiere. Die Revision tritt nun weder diesen Sachverhaltselementen entgegen noch der rechtlichen Schlussfolgerung des VwG, dass es sich bei dem Zugang über das betreffende Grundstück um einen Privatweg handle, der dem Betrieb der Revisionswerberin diene.
Die rechtliche Beurteilung des VwG steht damit auch nicht in Widerspruch zu der von der Revision ins Treffen geführten Rsp, es hätten solche Anlagen außer Betracht zu bleiben, die nicht Gegenstand des Genehmigungsansuchens seien.