02.03.2020 Zivilrecht

OGH: Ergänzungsunterhalt für haushaltsführenden Antragsteller iSd § 94 Abs 2 Satz 1 und 2 ABGB

Die sich wirtschaftlich ergebende Wohnkostenersparnis ist angemessen zu berücksichtigen und als Naturalunterhalt in einem Umfang anzurechnen, der dem persönlichen Bedarf des Unterhaltsberechtigten entspricht; bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rsp diese Kürzung lediglich um ein Viertel zu; gebührt infolge eines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem ungekürzten Ergänzungsunterhalt zu ermitteln; für die Frage, welcher Vorteil dem Unterhaltsberechtigten zukommt, ist der anteilige fiktive Mietwert der Wohnung maßgebend; der Unterhaltsberechtigte, der die in seinem Alleineigentum stehende Ehewohnung offenbar ohne Belastung mit Kreditraten bewohnt, erspart sich – so wie andere Eigentümer einer ausbezahlten Wohnung – zwar Mietzinszahlungen, nicht aber den sonstigen, mit dem Wohnen verbundenen Aufwand durch Betriebskosten


Schlagworte: Eherecht, Aufhebung des gemeinsamen Haushalts, Ergänzungsunterhalt, fiktiver Mietwert der Wohnung, Betriebskosten
Gesetze:

 

§ 94 ABGB

 

GZ 10 Ob 82/19k, 21.01.2020

 

OGH: Grundsätzlich ist nach Aufhebung der ehelichen Hausgemeinschaft der gesamte angemessene Unterhalt des Unterhaltsberechtigten in Geld zu leisten. Hat der Unterhaltsberechtigte aber nicht für die Kosten der Wohnversorgung aufzukommen, so bedarf es regelmäßig nicht mehr des gesamten Geldunterhalts, um seinen vollständigen Bedarf zu decken. Die sich wirtschaftlich ergebende Wohnkostenersparnis ist angemessen zu berücksichtigen und als Naturalunterhalt in einem Umfang anzurechnen, der dem persönlichen Bedarf des Unterhaltsberechtigten entspricht. Bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rsp diese Kürzung lediglich um ein Viertel zu. Gebührt infolge eines Eigeneinkommens ein Ergänzungsunterhalt, ist dieses Viertel aus dem Eigeneinkommen und dem ungekürzten Ergänzungsunterhalt zu ermitteln. Für die Frage, welcher Vorteil dem Unterhaltsberechtigten zukommt, ist der anteilige fiktive Mietwert der Wohnung maßgebend.

 

Wenn die Wohnung – wie hier – im Alleineigentum des Unterhaltsberechtigten steht, bedarf er nach der Rsp des OGH ebenfalls nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts, weshalb die Wohnkostenersparnis mit dem (anteiligen) fiktiven Mietwert zu berücksichtigen ist. Das setzt allerdings voraus, dass der Unterhaltsberechtigte für die Wohnung keine Kosten aufwenden muss. Handelt es sich um ein bereits ausbezahltes Objekt, sind bei der Ermittlung einer Wohnkostenersparnis die zu zahlenden Betriebskosten zu berücksichtigen.

 

Die Reduktion des Unterhalts um eine Mietzinsersparnis scheitert daran, dass die Unterhaltspflichtige seit ihrem Auszug keine Kosten für die Ehewohnung zahlt. Der Unterhaltsberechtigte, der die in seinem Alleineigentum stehende Ehewohnung offenbar ohne Belastung mit Kreditraten bewohnt, erspart sich – so wie andere Eigentümer einer ausbezahlten Wohnung – zwar Mietzinszahlungen, nicht aber den sonstigen, mit dem Wohnen verbundenen Aufwand durch Betriebskosten. Die Anrechnung der Wohnkostenersparnis als Naturalunterhalt setzt iSd dargestellten Rsp des OGH voraus, dass nicht der Unterhaltsberechtigte die gesamten Kosten der Wohnversorgung deshalb finanzieren muss, weil der unterhaltspflichtige Ehegatte nach seinem Auszug entgegen den bisherigen Lebensverhältnissen keinen Beitrag mehr leistet. Dass die Betriebskosten so geringfügig sind, dass der nach der Prozentkomponente ermittelte Geldunterhalt nicht mehr den Lebensverhältnissen der Ehegatten entspricht und deshalb als unangemessen hoch zu reduzieren wäre, behauptet(e) die Antragsgegnerin nicht.