24.02.2020 Verfahrensrecht

OGH: Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung iSd § 28 Abs 1 Z 2 JN

Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland wird auch im Fall der Klage gegen einen fremden Staat im Rahmen seiner als privatrechtlich einzustufenden Tätigkeit im Inland angenommen, und zwar va dann, wenn eine – allenfalls in jenem Staat zu erwirkende – Entscheidung mangels Vollstreckungsvertrag im Inland, wo die beklagte Partei exequierbares Vermögen besitzt, nicht möglich ist


Schlagworte: Bestimmung der Zuständigkeit durch den Obersten Gerichtshof, Ordinationsantrag, Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung
Gesetze:

 

§ 28 JN

 

GZ 6 Nc 32/19m, 09.12.2019

 

OGH: § 28 Abs 1 Z 2 JN soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines Gerichtsstands im Inland ein Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes vorhanden ist, weil ein Naheverhältnis zum Inland besteht und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland nicht gegeben ist.

 

Die Klägerin erfüllt die erste der beiden von § 28 Abs 1 Z 2 JN aufgestellten Voraussetzungen mit ihrem Sitz im Inland.

 

Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland wird in LuRsp insbesondere dann bejaht, wenn die ausländische Entscheidung in Österreich nicht anerkannt oder vollstreckt wird, eine dringende Entscheidung im Ausland nicht rechtzeitig erreicht werden kann, eine Prozessführung im Ausland wenigstens eine der Parteien politischer Verfolgung aussetzen würde oder im Ausland äußerst kostspielig wäre.

 

Unzumutbarkeit der Rechtsverfolgung im Ausland wird aber auch im Fall der Klage gegen einen fremden Staat im Rahmen seiner als privatrechtlich einzustufenden Tätigkeit im Inland angenommen, und zwar va dann, wenn eine – allenfalls in jenem Staat zu erwirkende – Entscheidung mangels Vollstreckungsvertrag im Inland, wo die beklagte Partei exequierbares Vermögen besitzt, nicht möglich ist.

 

Mangels Vorliegens eines entsprechenden Staatsvertrags wären Entscheidungen irakischer Gerichte in Österreich nicht vollstreckbar. Schon deshalb wäre im konkreten Fall die Rechtsverfolgung im Ausland unzumutbar.

 

Zudem besteht seit 21. 11. 2018 eine Reisewarnung der Stufe 6 für das gesamte Staatsgebiet. Ausdrücklich wird vor Reisen in den Irak gewarnt. Die österreichische Botschaft in Bagdad ist aus Sicherheitsgründen geschlossen. Auf der Website des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres findet sich der wörtliche Hinweis: „Reisewarnungen werden im Regelfall nur in besonderen Krisensituationen ausgesprochen, wenn eine generelle Gefährdung für Leib und Leben besteht. Reisende, die sich in ein Gebiet mit Reisewarnung begeben, müssen sich der möglichen Konsequenzen bewusst sein.“

 

Dem Ordinationsantrag war daher stattzugeben.