04.02.2020 Zivilrecht

OGH: Zum Haushaltsprivileg des Art 2 DSGVO

Grundsätzlich fallen auch private Foto- und Videoaufnahmen unter die Haushaltsausnahme; sobald jedoch ein Kamerasystem nicht nur für familiäre Zwecke eingesetzt wird, sondern zB zur Beweissicherung, greift das Haushaltsprivileg nicht


Schlagworte: Datenschutzrecht, Datenverarbeitung, Haushaltsprivileg, Schutz der Privatsphäre, Nachbarrecht, Geheimsphäre, Nachbargrundstück, Videokamera, Interessenabwägung
Gesetze:

 

Art 2 DSGVO, Art 6 DSGVO

 

GZ 6 Ob 150/19f, 27.11.2019

 

OGH: Gem Art 2 Abs 2 lit c DSGVO ist der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO nicht gegeben, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgt. Dieses Privileg ist restriktiv auszulegen. Grundsätzlich fallen zwar auch private Foto- und Videoaufnahmen unter diese Ausnahme und sind somit nicht vom Anwendungsbereich der DSGVO umfasst. Sobald jedoch ein Kamerasystem nicht nur für familiäre Zwecke eingesetzt wird, sondern zB zur Beweissicherung, greift dieses Haushaltsprivileg nicht. Da im vorliegenden Fall auch der öffentliche Zugangsweg zu den Gärten gefilmt wird, kommt eine Anwendung des Haushaltsprivilegs nicht in Betracht.

 

Nach Art 6 Abs 1 lit d DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig, wenn lebenswichtige Interessen der betroffenen Person (hier: des Klägers) oder einer anderen natürlichen Person (hier: des Beklagten und dessen Ehefrau) geschützt werden. Dieser Rechtfertigungsgrund ist jedoch eng auszulegen; er erfasst lediglich die höchsten Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit und das Leben. Solche sind hier nicht betroffen, dem Kläger liegen nur Sachbeschädigungen zur Last.

 

Nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO ist zu prüfen, ob die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Dabei ist nach folgendem Prüfschema vorzugehen: Vorliegen eines berechtigten Interesses zur Verarbeitung, Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Verwirklichung dieses Interesses und kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person.