OGH: Zur Erteilung der Restschuldbefreiung
Die in § 211 IO normierten Gründe für eine vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens enthalten keinen dem § 123a IO entsprechenden Tatbestand der Einstellung mangels Deckung der Verfahrenskosten, sodass auch in diesem Fall dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu erteilen ist
§§ 183 f IO, § 211 IO, § 123a IO
GZ 8 Ob 63/19a, 25.10.2019
OGH: Fehlt es einem Schuldner bei Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an einem zur Deckung der Kosten voraussichtlich hinreichenden Vermögen, ist der Antrag nach § 183 Abs 1 IO aus diesem Grund nicht abzuweisen, wenn der Schuldner ein genaues, vollständiges und unterfertigtes Vermögensverzeichnis und einen zulässige Zahlungsplan vorlegt, dessen Annahme beantragt und bescheinigt, dass er ihn erfüllen wird und seine Einkünfte die Kosten des Verfahrens voraussichtlich decken werden. Diese Hürde ist niedrig, weil nach § 194 Abs 1 IO ausdrücklich auch Personen Zugang zum Verfahren haben sollen, die kein pfändbares Einkommen beziehen. Es soll daher schon ausreichen, wenn der Schuldner nur glaubwürdig angibt, die Verfahrenskosten aus seinem unpfändbaren Einkommen zu tragen, auch wenn eine solche Selbstverpflichtung bei Nichtbefolgung letztlich nicht durchsetzbar ist. Soweit die Kosten, sobald sie feststehen und fällig sind, nicht aus der Masse bezahlt werden können, sind sie vorläufig aus Amtsgeldern zu zahlen (§ 184 Abs 1 IO). Soweit die aus Amtsgeldern gezahlten Beträge dem Bund nicht aus der Masse oder den während des Abschöpfungsverfahrens erzielten Eingängen ersetzt wurden, ist der Schuldner mit Beschluss zur Nachzahlung zu verpflichten, soweit und sobald er ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande ist. 3 Jahre nach Beendigung oder Einstellung des Abschöpfungsverfahrens kann die Verpflichtung zur Nachzahlung nicht mehr auferlegt werden (§ 184 Abs 3 IO). Die Deckung der Verfahrenskosten durch Einkünfte des Schuldners während des Verfahrens muss daher zwar voraussichtlich gegeben, aber nicht gesichert sein. Ähnlich der Verfahrenshilfe ist eine zumindest vorläufige, in den Fällen des § 184 Abs 3 IO aber endgültige Zahlung der Verfahrenskosten aus Amtsgeldern vorgesehen. Das Gleiche gilt für die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nach Scheitern des Zahlungsplans, auch hier begnügt sich § 202 Abs 1 IO mit der lediglich voraussichtlichen Kostendeckung.
Die in § 211 IO normierten Gründe für eine vorzeitige Einstellung des Abschöpfungsverfahrens enthalten keinen dem § 123a IO entsprechenden Tatbestand der nicht kostendeckenden Einkünfte. Stellt sich während des Abschöpfungsverfahrens heraus, dass die Vergütung des Treuhänders nicht durch die Einnahmen gedeckt ist, so ist das Verfahren deswegen nicht einzustellen. Es kann dem Gesetzgeber schwer die Absicht unterstellt werden, das Abschöpfungsverfahren jahrelang fortlaufen zu lassen, wenn der Schuldner bei gleichbleibenden Verhältnissen mangels Fähigkeit zur Zahlung der Kosten dann ohnehin keine Restschuldbefreiung erreichen könnte. In einem solchen Verfahren werden idR die Voraussetzungen der §§ 183, 184 Abs 3 IO vorliegen und die Kosten endgültig aus Amtsgeldern zu zahlen sein, weil der Schuldner ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu nicht imstande ist. Auch in diesem Fall ist dem Schuldner aber die Restschuldbefreiung zu erteilen.