24.12.2019 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, inwiefern im Fall eines Anbots nach Stückzahlen bei einer Abrechnung nach § 1168 Abs 1 ABGB für die erbrachten Teilleistungen die Abrechnung nach geleisteten Arbeitsstunden zulässig ist

Grundlage des Anspruchs nach § 1168 ABGB ist das vereinbarte Entgelt in seiner Gesamtheit; der Unternehmer muss nicht von sich aus eine Anrechnung vornehmen, sondern der Besteller hat zu behaupten und zu beweisen, was sich der Unternehmer anrechnen lassen muss; der Beklagte hat im Verfahren keine konkreten Behauptungen darüber aufgestellt, was sich die Klägerin durch das (teilweise) Unterbleiben der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat; der Umstand, dass die Klägerin den Einwand des Beklagten vorweggenommen und nur einen Teil des vereinbarten Werklohns eingeklagt hat, enthob den Beklagten nicht von seiner Behauptungs- und Beweislast dafür, dass sich die Klägerin durch das Unterbleiben der Ausführung des Werks noch mehr erspart hat; auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage kommt es damit nicht an


Schlagworte: Werkvertrag, Vereitelung der Ausführung, Entgelt, Anbot nach Stückzahlen, Abrechnung
Gesetze:

 

§ 1168 ABGB, §§ 1165 ff ABGB

 

GZ 8 Ob 102/19m, 18.11.2019

 

OGH: Gem § 1168 Abs 1 Satz 1 ABGB gebührt dem Unternehmer, wenn die Ausführung des Werks unterbleibt, gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seiten des Bestellers liegen, daran verhindert worden ist. Er muss sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Die Regelung des § 1168 Abs 1 ABGB bezweckt die wirtschaftliche Bedeutung des Geschäfts für den Unternehmer zu erhalten. Er soll durch die Stornierung des Werkauftrags keine Schlechterstellung, allerdings auch keine Besserstellung auf Kosten des Vertragspartners erfahren.

 

Der Revisionswerber meint, den Feststellungen des Erstgerichts sei die endgültige Vereitelung des Werks nicht zu entnehmen; vielmehr sei der Beklagte für die Klägerin lediglich in einem bestimmten Zeitraum nicht erreichbar gewesen. Allenfalls sei für die Klägerin damit nicht absehbar gewesen, ob es bei einer bloßen Verzögerung bleiben oder zu einer Vereitelung kommen werde. Sie hätte daher in diesem Fall nur unter Setzung einer Nachfrist vom Vertrag zurücktreten können.

 

Entgegen der Meinung des Beklagten ist die Setzung einer Nachfrist durch den Werkunternehmer an sich nicht erforderlich. Ob ein Werkunternehmer in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls davon ausgehen konnte, dass der Werkbesteller an der Erfüllung kein Interesse mehr hat, begründet keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung.

 

Nach den Feststellungen beauftragte der Beklagte die Klägerin am 29. 9. 2017 zu einem Gesamtpreis von 17.338,19 EUR netto mit den Sanierungsarbeiten. Nachdem die Klägerin im Oktober 2017 mit den Arbeiten begonnen hatte, hielt sie damit Ende des Jahres 2017 auf ausdrücklichen Wunsch des Beklagten inne. Da sie in der Folge keine Rückmeldung mehr vom Beklagten erhielt, was mit den wunschgemäß abgebrochenen Arbeiten geschehen sollte, und der Beklagte weder auf ein E-Mail des Geschäftsführers der Klägerin reagierte noch für diesen im Frühjahr 2018 telefonisch erreichbar war oder auch nur zurückrief, verrechnete die Klägerin dem Beklagten mit Schlussrechnung am 23. 4. 2018 9.279,36 EUR inklusive 20 % Umsatzsteuer für die erbrachten Leistungen.

 

Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass bei diesem Sachverhalt die Vollendung des Werks aus Gründen auf Seiten des Beklagten endgültig gescheitert ist, zumal der Beklagte selbst im erstinstanzlichen Verfahren nie behauptet hat, Interesse an der Fertigstellung des Werks zu haben, ist nicht zu beanstanden. Davon ausgehend ist auch die Fälligkeit des Anspruchs zu bejahen.

 

Der Beklagte steht weiters auf dem Standpunkt, selbst wenn ein „Unterbleiben“ iSd § 1168 ABGB vorliege, sei keine korrekte (vertragsgemäße) Abrechnung erfolgt, weil für das Gewerk ein Gesamtpreis auf Basis von Stückzahlen und kein Regiepreis vereinbart worden sei. Auch damit zeigt der Beklagte im Ergebnis keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht auf, weil der zugesprochene Betrag im Anspruch der Klägerin jedenfalls Deckung findet.

 

Grundlage des Anspruchs nach § 1168 ABGB ist das vereinbarte Entgelt in seiner Gesamtheit. Der Unternehmer muss nicht von sich aus eine Anrechnung vornehmen, sondern der Besteller hat zu behaupten und zu beweisen, was sich der Unternehmer anrechnen lassen muss.

 

Der Beklagte hat im Verfahren keine konkreten Behauptungen darüber aufgestellt, was sich die Klägerin durch das (teilweise) Unterbleiben der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Der Umstand, dass die Klägerin den Einwand des Beklagten vorweggenommen und nur einen Teil des vereinbarten Werklohns eingeklagt hat, enthob den Beklagten nicht von seiner Behauptungs- und Beweislast dafür, dass sich die Klägerin durch das Unterbleiben der Ausführung des Werks noch mehr erspart hat. Auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage kommt es damit nicht an.