03.12.2019 Zivilrecht

OGH: Zur Erbschaftsklage

Stützt sich der Kläger auf ein gesetzliches Erbrecht, muss er seine Verwandtschaft mit dem Erblasser beweisen; wird der Wegfall ihm vorangehender Berufener bestritten, trifft ihn auch dafür die Beweislast; Gleiches gilt dann, wenn der Wegfall eines weiteren gesetzlich Erbberechtigten bestritten wird


Schlagworte: Erbrecht, Erbschaftsklage, Begehren, Ausfolgung des Erbteils, Beweislast, Verwandtschaft, Wegfall vorangehender Berufener, Aussterben einer Linie
Gesetze:

 

§ 823 ABGB aF, § 532 ABGB aF

 

GZ 2 Ob 39/19b, 19.09.2019

 

OGH: Gem § 823 ABGB aF kann auch nach Einantwortung der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Teilung der Erbschaft belangt werden. Mit der Erbschaftsklage will der wahre Erbe unter Behauptung eines besseren Rechts vom Scheinerben die gänzliche „Abtretung“ der Erbschaft oder des seiner Berechtigung entsprechenden Teils. Der Erbschaftskläger setzt damit - ähnlich wie der Eigentumskläger sein Eigentum gegenüber dem Besitzer - sein bestehendes Erbrecht durch, das als absolutes Recht gegen jedermann wirksam ist (§ 532 ABGB aF). Grundsätzlich steht dem Erbschaftskläger zwar nicht das Recht zu, auf Zahlung zu klagen und zwar auch dann nicht, wenn er als gesetzlicher Miterbe nur einen Teil der Erbschaft will. Eine Ausnahme ist allerdings anerkannt, wenn der Nachlass nur aus Geld besteht; in diesem Fall kann jeder Miterbe die Herausgabe des auf ihn nach der Erbquote entfallenden Anteils fordern. Im Erbschaftsstreit geht es nicht nur um das zwischen den Streitteilen relativ bessere Erbrecht, sondern um die Durchsetzung des absoluten Rechts des wahren Erben.

 

Nach allgemeinen Regeln hat grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen rechtserzeugenden Tatsachen zu beweisen. Abweichungen von diesem Grundsatz bedürfen einer besonderen Begründung, die sich etwa aus der besonderen Beweisnähe einer Partei (Beweisnotstand) oder aus dem Vorliegen eines typischen Geschehensverlaufs (Anscheinsbeweis) ergeben kann. Derartige Umstände liegen hier nicht vor. Daher muss der Erbschaftskläger sein Erbrecht, also den Erbanfall und den in seiner Person eingetretenen Berufungsgrund beweisen, allenfalls dabei einen anderen Titel anfechten und dartun, dass dem Beklagten zu Unrecht eingeantwortet wurde. Stützt sich der Kläger auf ein gesetzliches Erbrecht, muss er seine Verwandtschaft mit dem Erblasser beweisen. Wird der Wegfall ihm vorangehender Berufener bestritten, trifft ihn auch dafür die Beweislast. Gleiches gilt jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Wegfall eines weiteren gesetzlich Erbberechtigten bestritten wird. Denn der Kläger, der nur einen Teil der Erbschaft anspricht, muss grundsätzlich auch die Größe seines Erbteils beweisen.

 

Bei Anwendung der dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass dem Kläger der ihm obliegende Nachweis seines gesetzlichen Erbrechts lediglich teilweise gelungen ist. Die nach den Feststellungen verbliebene Ungewissheit über das Aussterben eines väterlichen Geschwisterstamms schlägt zu seinem Nachteil aus.