VwGH: Wiedereinsetzung iSd § 46 VwGG – Verschulden von Kanzleikräften, Übertragung einer Fristvormerkung, Kontrollsystem
Bei der Übertragung einer Fristvormerkung in den für die Wahrnehmung der Frist ausschlaggebenden Kanzleikalender handelt es sich nicht um einen rein manipulativen Vorgang; es ist vom Wiedereinsetzungswerber darzulegen, welches Kontrollsystem hinsichtlich der für die tatsächliche Fristwahrnehmung maßgebenden Eintragung in den Kanzleikalender bestanden hat; dabei reichen stichprobenartige Überprüfungen im Allgemeinen nicht
§ 46 VwGG, § 71 AVG
GZ Ra 2019/18/0404, 15.10.2019
VwGH: Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Vertreter dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, wenn der Vertreter der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind.
Bei der Übertragung einer Fristvormerkung in den für die Wahrnehmung der Frist ausschlaggebenden Kanzleikalender handelt es sich nicht um einen rein manipulativen Vorgang; es ist vom Wiedereinsetzungswerber darzulegen, welches Kontrollsystem hinsichtlich der für die tatsächliche Fristwahrnehmung maßgebenden Eintragung in den Kanzleikalender bestanden hat. Dabei reichen stichprobenartige Überprüfungen im Allgemeinen nicht.
Die Frage der Einrichtung eines adäquaten Kontrollsystems wird in der Revision, die sich betreffend den bei der Fristeintragung unterlaufenen Fehler lediglich auf die Verlässlichkeit der mit dieser Aufgabe betrauten Angestellten beruft, nicht angesprochen. Im Wiedereinsetzungsantrag wurde zu dem in der Kanzlei vorgesehenen Kontrollsystem vorgebracht, es sei aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit der Kanzleileiterin eine sonst übliche Gegenkontrolle der Fristeintragung im konkreten Fall unterblieben. Schon im Hinblick darauf, dass das Vorbringen des Revisionswerbers nicht erkennen lässt, dass im vorliegenden Fall während des Urlaubs der Kanzleileiterin - abgesehen von nicht konkretisiert dargelegten stichprobenartigen Überprüfungen - ein Kontrollsystem bezüglich der Fristeintragung (anstelle der sonst üblichen Gegenkontrollen nach dem "Vier-Augen-Prinzip") zum Einsatz gelangt wäre, begegnet die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Beschlusses am Prüfmaßstab des VwGH keinen Bedenken.