OGH: Aufforderung zur Prämienzahlung iSd § 38 Abs 3 VersVG
In § 38 VersVG ist für das Lastschriftverfahren keine Ausnahme vorgesehen; die Warnfunktion, die der geforderte Rechtsfolgenhinweis für den Versicherungsnehmer erfüllt, greift auch im Fall einer Lastschriftvereinbarung
§ 38 VersVG
GZ 7 Ob 83/19k, 23.10.2019
OGH: Es bildet keinen Streitpunkt mehr, dass hier eine Erstprämie zu beurteilen ist. Der Versicherer ist gem § 38 Abs 2 VersVG leistungsfrei, wenn 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch nicht gezahlt ist, es sei denn, der Versicherungsnehmer kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft. Als weitere Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers normiert § 38 Abs 3 VersVG, dass die Aufforderung zur Prämienzahlung einen entsprechenden Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten muss. Um sich auf die Leistungsfreiheit nach der genannten Gesetzesstelle berufen zu können, ist es daher erforderlich, dass die Polizze und eine derartige „qualifizierte“ Zahlungsaufforderung dem Versicherungsnehmer wirksam zugestellt werden.
Gegen die vom Berufungsgericht verneinte Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 38 VersVG wendet die Beklagte lediglich ein, es sei für die vereinbarte Lastschriftvereinbarung typisch, dass die gesonderte Zustellung einer Aufforderung zur Prämienzahlung nicht erforderlich sei, weil die Prämienschuld parteieneinvernehmlich zur Holschuld gemacht werde. Dem ist zunächst mit dem Gesetzeswortlaut zu entgegnen, dass in § 38 VersVG für das Lastschriftverfahren keine Ausnahme vorgesehen ist und die Warnfunktion, die der geforderte Rechtsfolgenhinweis für den Versicherungsnehmer erfüllt, selbstverständlich auch im Fall einer Lastschriftvereinbarung greift. Überdies haben die Vertragsparteien nach Zustellung der Polizze von der ursprünglichen Regelung abweichend die vierteljährliche Zahlung der Versicherungsprämie vereinbart und die Beklagte hat in der Folge nach dem Scheitern des Lastschrifteinzugs (einseitig) die Zahlungsweise auf Zahlschein umgestellt, worauf zwar Zahlungen bei der Beklagten einlangten, jedoch am Tag des Unfalls ein Minussaldo bestand. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage eine – nicht erwiesene – qualifizierte Zahlungsaufforderung verlangte, dann ist darin keine – von der Beklagten auch nicht konkretisierte – unrichtige Auslegung des insoweit eindeutigen § 38 Abs 3 VersVG zu erkennen. Daraus folgt, dass den Geschädigten grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme zur Verfügung steht.