OGH: Befristetes Bestandverhältnis, das mangels Einigung über den Bestandzins nicht verlängert wurde
Nach den Feststellungen wurde für die Zeit nach 2014 besprochen, dass man sich dann auf einen Bestandzins einigen werde; gerade diese Einigung kam aber nicht zustande; dass der Erstkläger und der Geschäftsführer der Beklagten in diesem Zusammenhang von ihrer „Handschlagsqualität“ sprachen, ändert nichts daran, dass die Fortsetzung des auf bestimmte Zeit geschlossenen Bestandvertrags von einer Einigung über den Bestandzins ab 2015 abhängig war
§§ 1090 ff ABGB, § 1092 ABGB, § 1100 ABGB
GZ 6 Ob 73/19g, 29.08.2019
OGH: Ein Bestandvertrag kommt als Konsensualvertrag – Abschlusswille vorausgesetzt – mit der Einigung darüber zustande, dass ein bestimmter (bestimmbarer) Bestandgegenstand gegen einen bestimmten (bestimmbaren) Bestandzins auf eine bestimmte (bestimmbare) Zeit zum Gebrauch überlassen werden soll, wobei die Gebrauchsüberlassung jedoch auch mit unbestimmtem Endtermin erfolgen kann. Nach § 1090 ABGB ist es zwar nicht erforderlich, dass das vom Bestandnehmer dem Bestandgeber zu leistende Entgelt schon im Vertrag ziffernmäßig festgelegt wird; es genügt, dass der Vertrag alle jene Elemente enthält, die die Bestimmung des Zinses ermöglichen. Dem Bestimmtheitserfordernis entspricht eine Bestandzinsvereinbarung dabei jedenfalls dann, wenn der zukünftige Bestandzins objektiv bestimmbar ist, also etwa durch Verweis auf einen angemessenen Mietzins iSd § 16 Abs 1 MRG. Nach der Entscheidung 5 Ob 122/03g ist eine der Bestimmtheit des Kaufpreises gleichzusetzende Bestimmbarkeit aber (nur) anzunehmen, wenn die Parteien zum Markt- oder Börsepreis abschließen wollten, von einem orts- oder geschäftsüblichen Preis ausgingen oder die Bestimmung dem „billigen“ Ermessen eines Dritten überlassen. Dieser Grundsatz kann auch für die Frage der Bestimmtheit (Bestimmbarkeit) des Bestandzinses herangezogen werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Geschäftsführer der Beklagten sei zwar offenbar von einer Fortsetzung des Bestandverhältnisses auch nach 2014 ausgegangen, die Fortsetzung des Vertrags sei aber unzweifelhaft von einer Einigung über den künftigen Bestandzins abhängig gewesen, jedenfalls vertretbar: Nach den Feststellungen wurde für die Zeit nach 2014 besprochen, dass man sich dann auf einen Bestandzins einigen werde; gerade diese Einigung kam aber nicht zustande. Dass der Erstkläger und der Geschäftsführer der Beklagten in diesem Zusammenhang von ihrer „Handschlagsqualität“ sprachen, ändert nichts daran, dass die Fortsetzung des auf bestimmte Zeit geschlossenen Bestandvertrags von einer Einigung über den Bestandzins ab 2015 abhängig war.
Damit endete das Bestandverhältnis mit 31. 12. 2014, sodass seit diesem Zeitpunkt die Beklagte titellos benützt. Auf die Frage einer allfälligen stillschweigenden Vertragsverlängerung nach § 1114 ABGB kommt die Beklagte im Revisionsverfahren nicht mehr zurück.
Gegen die Beurteilung des Benützungsverhältnisses als Leihvertrag – wie die Beklagte nunmehr in ihrer Revision meint – spricht schon allein, dass der Leihvertrag nach dem Wortlaut des § 971 ABGB voraussetzt, dass die Parteien Unentgeltlichkeit vereinbarten; Entgeltlichkeit, die hier ausdrücklich vereinbart wurde, spricht somit gegen die Annahme eines Leihverhältnisses.