OGH: Zur Kausalität beim Motivirrtum
Beim Motivirrtum wird der „Nachweis der Ausschließlichkeit des irrigen Beweggrunds" gefordert; zumindest darf kein anderes wesentliches Motiv als nicht ausschließbar übrig bleiben
§ 572 ABGB, § 901 ABGB
GZ 8 Ob 76/19p, 29.08.2019
OGH: Gem § 901 letzter Satz ABGB sind bei unentgeltlichen Verträgen die bei den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden; bei unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden ist daher - zufolge § 572 ABGB - auch ein Motivirrtum relevant.
Nach stRsp macht ein Irrtum im Beweggrund die Verfügung nur dann ungültig, wenn erweislich ist, dass der Wille des Erblassers „einzig und allein“ darauf beruhte. Das Gesetz stellt hier an den Nachweis des Kausalzusammenhangs ganz besonders strenge Anforderungen; es schneidet die Erörterung darüber, ob gerade jener Beweggrund, der sich als irrig erweisen lässt, der entscheidende war, dadurch ab, dass es außer dem Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen der irrigen Vorstellung über den Beweggrund den Nachweis der Ausschließlichkeit verlangt. Es wird der „Nachweis der Ausschließlichkeit des irrigen Beweggrunds“ gefordert; zumindest darf kein anderes wesentliches Motiv - als nicht ausschließbar - übrig bleiben. Die Beweislast trifft dabei denjenigen, der die Wirksamkeit der Verfügung bekämpft.
All dies gilt auch für unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden. Daran hat sich durch die Neufassung des § 572 ABGB im Zuge des ErbRÄG 2015 nichts geändert. Vielmehr verweisen die Gesetzesmaterialien darauf, dass einfache Kausalität weiterhin nicht genügen soll.