08.10.2019 Zivilrecht

OGH: § 231 ABGB – zum betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell

Der Betreuungsschlüssel von 38 % u 62 % ist nicht ausreichend für eine „annähernd gleichteilige“ Betreuung, weshalb der Unterhalt nach Prozentsatzmethode zu berechnen ist


Schlagworte: Familienrecht, Kindesunterhalt, betreuungssrechtliches Unterhaltsmodell
Gesetze:

 

§ 231 ABGB

 

GZ 3 Ob 101/19b, 29.08.2019

 

OGH: Das in der jüngeren, mittlerweile gefestigten Rsp des OGH gebilligte „betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell“ sieht einen – vom Vater auch in dritter Instanz angestrebten – Entfall eines Geldunterhaltsanspruchs vor, wenn die Betreuungs- und Naturalleistungen in etwa gleichwertig und die Einkommen der Eltern außerdem in etwa gleich hoch sind. Erfolgt keine gleichteilige Betreuung oder trägt ein Elternteil (regelmäßig) über die (an sich gleichteilige) Betreuung hinaus im Wesentlichen die Kosten für sämtliche bedarfsorientierten Naturalleistungen allein, bleibt die gesetzliche Geldunterhaltsverpflichtung des anderen Elternteils bestehen und der geleistete Naturalunterhalt ist nur, soweit die Aufenthalte über ein übliches Kontaktrecht weit hinausgehen, mit einem prozentuellen Abschlag zu berücksichtigen.

 

Auch der 5. Senat erachtete den Betreuungsschlüssel von 139 Tagen/38 % (Vater) zu 226 Tagen/62 % (Mutter) als nicht einmal jenes Ausmaß erreichend, das der OGH in jüngeren Entscheidungen als (noch) ausreichend für eine „annähernd gleichteilige“ Betreuung befunden hat, weshalb der Unterhalt nach Prozentsatzmethode zu berechnen sei. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts auf Basis der vom Vater behaupteten 138,5 Betreuungstage im Jahr 2018 hält sich daher im Rahmen der jüngeren Judikatur und bedarf deshalb keiner Korrektur.

 

Die erstmals im Rechtsmittelverfahren aufgestellte Behauptung des Vaters, die beiden 2010 und 2012 geborenen Kinder befänden sich an insgesamt 70 bis 72 Tagen in der Schule und im Kindergarten und Hort, stellt eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung dar.

 

Im Übrigen wären auch bei einem Ausscheiden dieser Phasen der „Drittpflege“ aus der Betreuungszeit der Eltern deren Anteile daran zu berücksichtigen, sodass sich das Verhältnis ihrer Betreuungsanteile nicht ändern würde.