OGH: Zur Übertragung von vinkulierten Namensaktien
§ 62 Abs 3 AktG ermöglicht dem veräußerungswilligen Aktionär, sich trotz Vinkulierung ohne Zustimmung der Gesellschaft von dieser zu lösen; für die Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen, der Gestattung entgegenstehenden Grundes hat ein Ausgleich zwischen den Interessen des veräußerungswilligen Aktionärs und jenen der Gesellschaft stattzufinden
§ 62 AktG, § 88 AktG, § 77 GmbHG
GZ 6 Ob 18/19v, 27.06.2019
OGH: Gem § 62 Abs 2 AktG kann die Satzung die Übertragung von Namensaktien an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Zustimmung gibt der Vorstand, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grund verweigert werden. Ist nach der Satzung die Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung der Aktien notwendig, so ist gem § 62 Abs 3 AktG, falls die Zustimmung versagt wird, dem Aktionär bei Nachweis der Einzahlung des auf die Einlage eingeforderten Betrags vom Gericht die Übertragung der Aktie zu gestatten, wenn kein wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung vorliegt und die Übertragung ohne Schädigung der Gesellschaft, der übrigen Aktionäre und der Gläubiger erfolgen kann. Das Gericht hat vor der Entscheidung den Vorstand zu hören. Ungeachtet der erteilten Zustimmung des Gerichts zur Übertragung kann diese dennoch nicht wirksam stattfinden, wenn die Gesellschaft innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung dem Aktionär durch eingeschriebenen Brief mitteilt, dass sie die Übertragung der Aktie zu den gleichen Bedingungen an einen anderen von ihr bezeichneten Erwerber gestatte. Die Satzung kann die Kompetenz zur Zustimmung zur Übertragung (etwa) der Hauptversammlung übertragen. Soweit die Satzung den Inhabern bestimmter Aktien das Recht zur Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat einräumt (§ 88 Abs 1 AktG), muss es sich gem § 88 Abs 2 AktG um vinkulierte Namensaktien handeln. Der Zweck der Vinkulierung von Namensaktien, mit denen ein Entsendungsrecht verbunden ist, liegt insbesondere in der Sicherung des Einflusses der Gesellschaft auf die Zusammensetzung der Entsendungsberechtigten.
§ 62 Abs 2 und 3 AktG knüpfen die Verweigerung der Zustimmung an das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Die Schädigung der Gesellschaft, der übrigen Gesellschafter oder der Gläubiger ist zusätzlich zu prüfen. Die Entscheidung über die Zustimmung zur Übertragung setzt eine Abwägung der Interessen der Gesellschaft mit jenen des veräußerungswilligen Aktionärs voraus. Allerdings ist bei vinkulierten Aktien nur das Interesse des Aktionärs, seine Aktien überhaupt verkaufen zu können, geschützt, nicht aber das Interesse am Verkauf an einen bestimmten Dritten. Die korrespondierende Bestimmung des § 77 GmbHG knüpft die Gestattung der Übertragung durch das Gericht daran, dass „ausreichende Gründe“ für die Verweigerung der Zustimmung nicht vorliegen und die Übertragung ohne Schädigung der GmbH, der übrigen Gesellschafter und der Gläubiger erfolgen kann. Für die Beurteilung des Vorliegens eines wichtigen, der Gestattung entgegenstehenden Grundes hat ein Ausgleich zwischen den Interessen des veräußerungswilligen Aktionärs und jenen der Gesellschaft stattzufinden.