06.08.2019 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe – zur Berücksichtigung des § 324 Abs 3 ASVG im Verlassenschaftsverfahren

Da die Verstorbene 2017 in einem Pflegeheim untergebracht war und sie die Kosten dafür unstrittig nicht selbst bezahlte, ist der zeitlich kongruente Anspruch auf die monatlichen Pensionsleistungen dieses Jahres im Ausmaß von 80 % auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen und insoweit kein in den Nachlass fallender Anspruch der Verstorbenen vorhanden


Schlagworte: Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe, Pensionsberechtigter, Legalzession, Verlassenschaftsverfahren
Gesetze:

 

§ 324 ASVG

 

GZ 2 Ob 72/19f, 28.05.2019

 

OGH: Gem § 324 Abs 3 ASVG geht dann, wenn ein Renten- bzw Pensionsberechtigter (ua) auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einer der dort näher bezeichneten Einrichtungen verpflegt wird, für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Rente bzw Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegungskosten, höchstens jedoch bis zu 80 % dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Anspruch auf die restlichen 20 % verbleibt dagegen iSe „Pensionsteilung“ der den Anspruch innehabenden Person, ohne Zweckbindung und damit als eine Art „Taschengeld“.

 

Die Bestimmung statuiert eine Legalzession für monatliche Geldleistungsansprüche (vgl § 105 ASVG) zugunsten jenes Trägers, auf dessen Kosten der betreffende Pensions- oder Rentenberechtigte in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung „verpflegt“ wird. Der Bundesgesetzgeber wollte damit den Trägern der Sozialhilfe auf Landesebene einen unmittelbaren Zugriff auf bestimmte Geldleistungen eröffnen, die der Deckung eines Bedarfs dienen, der ohnedies in natura in einer stationären Einrichtung gedeckt wird.

 

Der Anspruchsübergang nach § 324 Abs 3 ASVG erfolgt unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Es ist keine Anzeige oder eine sonstige Erklärung eines der beteiligten Träger erforderlich. Er findet grundsätzlich für jeden Monat, in dem die Unterbringung bzw Pflege erfolgt, statt, weil die Leistung pro Kalendermonat gebührt und betrifft zeitlich kongruente Leistungen, also solche, die von einem Träger für einen Zeitraum erbracht wurden, für den der Leistungsbezieher einen Anspruch auf Renten- oder Pensionsleistungen hatte.

 

Dem Pensionsberechtigten steht für diese Zeit nur mehr der nicht vom Forderungsübergang erfasste Teil seines Anspruchs zu.

 

Da die Verstorbene 2017 in einem Pflegeheim untergebracht war und sie die Kosten dafür unstrittig nicht selbst bezahlte, ist der zeitlich kongruente Anspruch auf die monatlichen Pensionsleistungen dieses Jahres im Ausmaß von 80 % auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen und insoweit kein in den Nachlass fallender Anspruch der Verstorbenen vorhanden.