OGH: UWG iZm Spitzenstellungsbehauptung
Mit der Bezugnahme auf „objektiv nachprüfbare Tatsachen“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die behauptete Spitzenstellung auf Tatsachen basieren muss, die objektiv überprüfbar sind; die Behauptung darf also nicht auf einem reinen Werturteil beruhen; das bedeutet aber nicht, dass nur bestimmte (qualifizierte) Beweismittel zulässig sind oder eine sonstige Beweisregel besteht; im Bereich allgemeiner Spitzenstellungswerbung gibt es keine Beweisregel des Inhalts, dass wissenschaftlichen Studien eine höhere Glaubwürdigkeit zukommt als anderen Beweismitteln
§ 2 UWG
GZ 4 Ob 101/19k, 13.06.2019
OGH: Den im außerordentlichen Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen 4 Ob 120/06k und 4 Ob 11/06f liegt der Rechtssatz zu RIS-Justiz RS00787980 zugrunde, wonach „eine vergleichende Werbung primär nach § 2 UWG zu beurteilen und danach wettbewerbsrechtlich nur dann zu beanstanden ist, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behaupteten Umstände nicht den Tatsachen entsprechen oder die Ankündigung sonst zur Irreführung geeignet ist“. Mit der Bezugnahme auf „objektiv nachprüfbare Tatsachen“ wird zum Ausdruck gebracht, dass die behauptete Spitzenstellung auf Tatsachen basieren muss, die objektiv überprüfbar sind; die Behauptung darf also nicht auf einem reinen Werturteil beruhen. Die in Rede stehende Wendung bedeutet aber nicht, dass nur bestimmte (qualifizierte) Beweismittel zulässig sind oder eine sonstige Beweisregel besteht. In diesem Sinn wurde in der Entscheidung 4 Ob 33/13a festgehalten, dass es im Bereich allgemeiner Spitzenstellungswerbung (auch) keine Beweisregel des Inhalts gibt, dass wissenschaftlichen Studien eine höhere Glaubwürdigkeit zukommt als anderen Beweismitteln.
Im Anlassfall bezieht sich die beanstandete Spitzenstellungsbehauptung auf die Marktführerschaft bei Vorbereitungskursen in Österreich und Kroatien für das kroatische Küstenpatent. Ob jemand Marktführer ist, kann anhand von Tatsachen überprüft werden und ist daher eine objektiv überprüfbare Eigenschaft. Für die Feststellung der Richtigkeit der der Spitzenstellungsbehauptung zugrunde liegenden Umstände kommen alle zivilprozessualen (im Sicherungsverfahren paraten) Beweismittel in Betracht, auch die von der Beklagten vorgelegte Analyse der Umsatzzahlen. Die Frage, ob der Beklagten die Bescheinigung der behaupteten Tatsachen gelungen ist, betrifft die in dritter Instanz nicht überprüfbare Beweiswürdigung.
Entgegen der Ansicht des Klägers stellt sich die Frage nach der Spitzenstellung der Beklagten auf verschiedenen Teilmärkten nicht. Ausgehend vom bescheinigten Sachverhalt bezieht sich die behauptete Spitzenstellung auf das kroatische Küstenpatent B und damit das kroatische Küstenpatent insgesamt, weil dem Küstenpatent A zahlenmäßig keine Bedeutung zukommt; zudem beinhaltet das Küstenpatent B die UKW-Seesprechfunkberechtigung. Daraus folgt, dass sich der sachlich relevante Markt auf das kroatische Küstenpatent insgesamt samt UKW-Seesprechfunkberechtigung bezieht.
Der Kläger führt im gegebenen Zusammenhang selbst aus, dass die Kunden zwischen den Küstenpatenten B und A gar nicht unterscheiden. Auch darin zeigt sich, dass die vom Kläger verlangte Aufgliederung in Teilmärkte zu unterbleiben hat. Schließlich hat die Beklagte eine Spitzenstellung im Nischenmarkt „Küstenpatent A“ gar nicht behauptet.
Entgegen den Ausführungen des Klägers hat das Erstgericht die Marktführerschaft der Beklagten nicht lediglich pauschal festgestellt. Vielmehr hat es ausdrücklich festgehalten, dass alle anderen Marktteilnehmer zusammen nicht annähernd die Teilnehmerzahlen der Beklagten erreichen. Außerdem liegt der Feststellung zur Marktführerschaft der Beklagten die bereits erwähnte Studie in Beilage ./1 zugrunde, die sich auf einen Vergleich der Umsatzzahlen gründet und die das Erstgericht als plausibel und stichhaltig beurteilte. Dazu ergibt sich aus der Entscheidung des Erstgerichts, dass deutlich mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aus Vorbereitungskursen für das kroatische Küstenpatent von der Beklagten erwirtschaftet wird.
Die Inanspruchnahme einer Spitzenstellung setzt voraus, dass das so beworbene Produkt tatsächlich über einen stetigen und erheblichen Vorsprung vor allen Mitbewerbern verfügt. Entspricht die beanstandete Behauptung zur Spitzenstellung nicht den Tatsachen oder sind die Angaben unvollständig, so liegt eine irreführende Geschäftspraktik vor.
Eine Marktführerschaft richtet sich im Allgemeinen nach dem Marktanteil, der den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens abbildet. Welchem Faktor das angesprochene Publikum in dieser Hinsicht die größte Bedeutung beimisst und ob aus dem bescheinigten Sachverhalt das Vorliegen der Spitzenstellung abgeleitet werden kann, hängt typisch von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage.
Wie sich auch aus den Ausführungen des Klägers selbst ergibt, lässt sich der wirtschaftliche Erfolg im Anlassfall nach den Kundenzahlen und den von der Anzahl der Kursteilnehmer abhängigen Umsatzzahlen bestimmen. Die Vorinstanzen haben ihre Beurteilung gerade auf diese Faktoren gestützt und sind damit von den Rechtsprechungsgrundsätzen nicht abgewichen.