30.07.2019 Zivilrecht

OGH: Zum Vorbehalt des Ausbaus des Dachbodens in „Althäusern“

Die dem Wohnungseigentumsorganisator vorbehaltene Möglichkeit des späteren Ausbaus eines Dachbodens, der nicht Zubehör eines dem Wohnungsorganisator verbleibenden Wohnungseigentumsobjekts, sondern allgemeiner Teil des Hauses ist, fällt grundsätzlich unter § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002


Schlagworte: Wohnungseigentumsrecht, Wohnungseigentumsorganisator, rechtsunwirksame Vereinbarung, allgemeine Teile der Liegenschaft, Dachbodenausbau, Althaus
Gesetze:

 

§ 37 WEG 2002, § 38 WEG 2002

 

GZ 5 Ob 58/19v, 21.05.2019

 

OGH: Nach § 38 Abs 1 WEG 2002 sind Vereinbarungen und Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, rechtsunwirksam. Dazu zählen nach Z 1 von Wohnungseigentumsorganisatoren vereinbarte Mietverträge oder Nutzungsvorbehalte betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft. Die dem Wohnungseigentumsorganisator vorbehaltene Möglichkeit des späteren Ausbaus eines Dachbodens, der nicht Zubehör eines dem Wohnungsorganisator verbleibenden Wohnungseigentumsobjekts, sondern allgemeiner Teil des Hauses ist, fällt grundsätzlich unter § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002.

 

Bei den hier vorliegenden Benützungsregelungsvereinbarungen handelt es sich um einen in § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 aufgezählten „verdächtigen“ Vertragstyp, bei dem der Begünstigte beweisen muss, dass den Vereinbarungen im konkreten Fall keine Beschränkungseignung zukommt. Es geht hier aber nicht um die Wahrung oder Umwandlung von bereits existierenden Nutzungsrechten der Bewohner eines bereits errichteten Hauses (Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte) durch Vereinbarungen mit dem Wohnungseigentumsorganisator, sondern um einen klassischen, iSd § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 „verdächtigen“ Nutzungsvorbehalt zugunsten des Wohnungseigentumsorganisators, der anlässlich des sukzessiven Abverkaufs seiner Mindestanteile Vereinbarungen mit den (zukünftigen) Wohnungseigentümern schließt, in denen er sich (den idR lukrativen) Ausbau des Dachbodens als allgemeinen Teil der Liegenschaft vorbehält. Eine generalisierende Aussage, dass § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 in „Althäusern“ immer einschränkend bzw im Ergebnis gar nicht (weil die Übermacht des Wohnungseigentumsorganisators allgemein nicht gegeben ist) anzuwenden ist, kann nicht getroffen werden. Auch wenn die übrigen Wohnungseigentümer den Dachboden nie benutzten, verbietet § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 eine unbillige Beschränkung der Verfügungsrechte und nicht nur der Nutzungsrechte von Wohnungseigentümern. Der Nutzungsvorbehalt zugunsten des Wohnungseigentumsorganisators entzieht den übrigen Wohnungseigentümern jede Möglichkeit, von der Verwertung des Dachbodens durch Umwidmung, Ausbau, Schaffung von zusätzlichen Wohnungseigentumsobjekten und einem Verkauf zu profitieren. Den Gegenbeweis einer im konkreten Fall fehlenden Beschränkungseignung hat der durch den Benützungsvorbehalt begünstigte Wohnungseigentumsorganisator nicht erbracht. Die vorliegenden Benützungsvereinbarungen sind daher nach § 38 Abs 1 Z 1 WEG 2002 unwirksam.