OGH: § 19 JN – Selbstanzeige einer Befangenheit
Bei der Selbstanzeige einer Befangenheit durch den Richter ist unter Beachtung des Interesses am Ansehen der Justiz kein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen und grundsätzlich die Befangenheit zu bejahen; Anderes würde nur gelten, wenn die Anzeige subjektiver Befangenheit offenkundig missbräuchlich erfolgte oder die angegebenen Umstände ihrer Natur nach nicht geeignet wären, eine solche Befangenheit zu begründen
§§ 19 ff JN
GZ 2 Nc 21/19i, 06.06.2019
OGH: Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn bei objektiver Betrachtung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Befangenheit liegt dann vor, wenn ein Richter an eine Rechtssache nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten kann, somit eine Hemmung zu unparteiischer Entscheidung durch sachfremde psychologische Motive gegeben ist. Bei der Selbstanzeige einer Befangenheit durch den Richter ist unter Beachtung des Interesses am Ansehen der Justiz kein strenger Prüfungsmaßstab anzulegen und grundsätzlich die Befangenheit zu bejahen.
Anderes würde nur gelten, wenn die Anzeige subjektiver Befangenheit offenkundig missbräuchlich erfolgte oder die angegebenen Umstände ihrer Natur nach nicht geeignet wären, eine solche Befangenheit zu begründen. Beides trifft hier nicht zu: Es ist nachvollziehbar, dass sich ein Richter, der in der ländlichen Kleingemeinde lebt und die dort üblichen Sozialkontakte pflegt, nicht in der Lage sieht, in Verfahren dieser Gemeinde oder eines mit ihr verbundenen Tourismusverbands unbefangen zu entscheiden. Zudem könnten auch Außenstehende den Eindruck gewinnen, dass die angezeigte Nahebeziehung einer unbefangenen Entscheidung entgegensteht.