OGH: Zum Gesellschafterausschluss (Squeeze-out)
Liegt ein Bericht des Aufsichtsrats gem § 3 Abs 3 GesAusG nicht vor, weil bei einer aufsichtsratspflichtigen GmbH kein Aufsichtsrat eingerichtet ist, so berechtigt dies den ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafter zur Beschlussanfechtung
§ 41 GmbHG, § 1 GesAusG, § 3 GesAusG
GZ 6 Ob 209/18f, 25.04.2019
OGH: Gem § 1 Abs 1 GesAusG kann die Generalversammlung einer GmbH auf Verlangen des Hauptgesellschafters die Übertragung der Anteile der übrigen Gesellschafter auf den Hauptgesellschafter gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließen. Der Ausschlussbeschluss bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung iSv Erforderlichkeit, Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit. Vielmehr hat bereits der Gesetzgeber die erforderliche Interessenabwägung vorgenommen und wollte den (insofern) voraussetzungslosen Ausschluss gegen angemessene Kompensation zulassen. § 3 GesAusG regelt die Vorbereitung der Beschlussfassung über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern: Gem § 3 Abs 1 GesAusG haben der Vorstand (die Geschäftsführung) der Kapitalgesellschaft und der Hauptgesellschafter gemeinsam einen Bericht über den geplanten Ausschluss aufzustellen. Dieser muss zumindest die Voraussetzungen des Ausschlusses darlegen und die Angemessenheit der Barabfindung erläutern und begründen sowie auf besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung des Unternehmens hinweisen. Die Richtigkeit dieses Berichts und die Angemessenheit der Barabfindung sind gem § 3 Abs 2 GesAusG von einem vom Gericht bestellten sachverständigen Prüfer zu prüfen. Darüber hinaus ordnet § 3 Abs 3 GesAusG eine Prüfung und Berichterstattung durch den Aufsichtsrat an.
Gem § 3 Abs 9 iVm Abs 5 GesAusG sind den Gesellschaftern der GmbH der Beschlussantrag über den Ausschluss, die Berichte gem § 3 Abs 1, 2 und 3 GesAusG, allfällige Gutachten, auf denen die Beurteilung der Angemessenheit beruht, sowie die Jahresabschlüsse und die Lageberichte der Gesellschaft für die letzten 3 Geschäftsjahre zu übersenden. Prüfungsgegenstand des Berichts des Aufsichtsrats ist die Rechtskonformität des Gesellschafterausschlusses. Dabei bildet die Höhe der den Minderheitsgesellschaftern angebotenen Abfindung einen Schwerpunkt. Die Berichte gem § 3 GesAusG haben aber auch eine Äußerung zu den Voraussetzungen des Ausschlusses, namentlich das Vorliegen eines Antrags und der erforderlichen Beteiligungsquote, zu enthalten. Die in § 3 GesAusG vorgesehenen Berichte erfüllen 2 Funktionen: Einerseits soll damit über die Voraussetzungen des Ausschlusses berichtet werden, andererseits über die Angemessenheit der Barabfindung. Zweck der Prüfung (auch) durch den Aufsichtsrat ist der Schutz von Eigentümerinteressen, konkret, der Interessen der Minderheitsgesellschafter. Die Berichte haben sowohl einen Informations- als auch einen Präventionszweck.
Das Fehlen eines Aufsichtsratsberichts wegen der unterbliebenen Bestellung eines solchen trotz gesetzlicher Aufsichtsratspflicht der Gesellschaft ist auch als Verletzung eines konkreten Informationsinteresses des Minderheitsgesellschafters zu bewerten, die iSd Relevanztheorie die Anfechtbarkeit des dennoch gefassten Beschlusses auf Ausschluss des Minderheitsgesellschafters begründet. Liegt ein Bericht des Aufsichtsrats gem § 3 Abs 3 GesAusG nicht vor, weil bei einer aufsichtsratspflichtigen GmbH kein Aufsichtsrat eingerichtet ist, so berechtigt dies den ausgeschlossenen Minderheitsgesellschafter zur Beschlussanfechtung gem § 41 GmbHG.